Nichts

Für Lisa    

Nichts

(Abriß einer abendländischen Nonadologie)

Teil I

(Gedankenexperiment)

Vorwort

Gedankenexperimente sollen es dem staunenden Menschen ermöglichen, Hypothesen, welche anhand empirischer Experimente (noch) nicht überprüft werden können, auf durchaus spielerische Weise in ihrer Sinnhaftigkeit und Konsequenz zu untersuchen. Gedankenexperimente unterscheiden sich frappant von praktisch ausgeführten Experimenten. Sie sind nicht wissenschaftlich. Dennoch, so manches Gedankenexperiment vermochte schon strengste Geister zu beflügeln.

Gedankenexperimente werden unternommen, gerade nicht um sich in Formelwäldern zu verstricken und in Datensümpfen zu versinken. Gedankenexperimente werden ersonnen, um die Schau auf das Ganze zu wahren. Um von höherer, leichterer, um von gehobener Warte aus sich der Übersicht und damit auch eines gewissen Durchblicks zu versichern.

Gedankenexperimente lösen sich vom Ballast alltäglicher Normen. Sie nutzen die Schwingen der Vorstellung und gleiten wie Vögel über dem neu beanspruchten Land. Sie lesen dort große, klare Konturen und starke, überwiegende Farben, möchten nur die gröbsten Problemfelder kennen. Sie schweben und kreisen über den fremden Landstrich hinweg. Ohne Absicht, ihn alsbald tatsächlich, mit Hand und Fuß, zu betreten. Sie hauen sich nicht, Schritt um Schritt, Hieb um Hieb, in die dunklen Dickungen hinein. Sie kämpfen nicht. Mühsam und oft vergeblich. Auch sprengen, schaufeln, bohren und planieren sie nicht. Sie verzichten auf schweres Gerät. Sie streiten nicht. Übermächtig und meist verheerend. Gedankenexperimente flattern und zwitschern über dem neuen Land. Schlagen Kapriolen. Blinken bunt im Sonnenlicht.

Kap 1

Alles oder Nichts

Womit beginnt man ein Büchlein über das Nichts? Doch sicherlich nicht mit irgendetwas. Denn dieses Buch soll ja nicht irgendein Buch sein. Von irgendeinem Autor für irgendeine Leserschaft. Aber dieses Büchlein soll genauso wenig ein ganz spezielles sein. Von einem ganz speziellen Autor für eine ganz spezielle Leserschaft. Im Gegenteil: Dieses Büchlein soll ein ganz allgemeines sein. Für eine ganz allgemeine Leserschaft. Darum halten wir es für angebracht, unsere Schrift über das Nichts auch mit etwas ganz Allgemeinem zu beginnen. Mit dem Allgemeinsten überhaupt. Unser Büchlein über das Nichts soll mit Allem beginnen. Mit Allem, das ist, das war und das sein wird.

Wir möchten die Leserschaft unseres kleinen Werkes bitten, einen Augenblick innezuhalten und sich in einem ersten Schritt dieses Alles, um das es uns jetzt geht, zu Gemüte zu führen. Nicht irgendein Alles. Nicht ein ganz spezielles Alles. Sondern das allgemeinste Alles. Alles, das ist, das war und das sein wird. Alles, das sein könnte, das gewesen sein könnte und das werden könnte. Alles, das nicht ist, das nicht war und nicht sein wird. Das heißt, hier geht es nicht nur um alle Äpfel in der Kiste, alle fehlenden Mitglieder einer Gruppe oder alle noch zu findenden Definitionen von Glück. Nicht nur um Quantenfluktuation und Gott. Hier geht es um viel mehr. Dieses Alles, um das es uns jetzt geht, soll unbedingt auch alles andere umfassen. Eben Alles ohne Ausnahme. Alles als das Gesamt jeder Wirklichkeit und seiner Möglichkeiten. Alles als das Gesamt jeder Wahrheit und seiner Wahrscheinlichkeiten. Alles als das Gesamt jeden Stoffs und seiner Formen. Alles als das Gesamt jeden Gesetzes und seiner Widersprüche. Alles als das Gesamt jeden Geistes und seiner Universen. Egal was. Egal wie. Egal wann und wo. Egal warum und wozu. Alles als das Gesamt jeglichen Seins. Alles als das Gesamt allen Alles. Wir möchten die Leserschaft unseres Büchleins bitten, einen Augenblick innezuhalten und in einem ersten Schritt diesem Alles in seiner schier unermeßlichen Umfänglichkeit nachzuspüren. Ein Gefühl zu entwickeln für Alles als totaler Totalität.

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Wir fürchten, etliche Leser verschreckt zu haben mit unserem Aufruf zu allumfassender Kontemplation. Allerdings ist uns auch um die Verbliebenen durchaus bange. Denn wir haben vor, die Leserschaft sogleich um den zweiten Schritt unseres Gedankenexperimentes anzusuchen. Sogleich, denn noch sind wir alle umflort von einer Ahnung der Fülle. Aus dieser Gestimmtheit heraus möchten wir nun unsere Leserschaft bitten, jenes Alles, welchem wir uns gerade noch mehr mit dem Bauche denn mit dem Kopf genähert haben, in einer radikalen Kehrtwendung vollständig zu negieren. Ganz und gar seiner Existenz zu berauben. Die Leserschaft benutze jetzt ihre gesammelte Verstandeskraft, ihre geballte Konzentration, um Alles, um tatsächlich Alles mit einem Schlage verschwinden zu lassen. Alles, das ist, das war und das sein wird. Das Gesamt allen Seins. Die Leserschaft stelle sich vor, Alles in seiner totalen Totalität gäbe es nicht. Hätte es niemals gegeben. Würde es niemals geben. Unsere Leserschaft stelle sich vor, Alles, das ist, sei nicht.

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Einen letzten, dritten Schritt müssen wir unserer Leserschaft in diesem Kapitel abverlangen. Die Beantwortung einer Frage. Wir haben Alles in seiner Gänze erahnt, um dieses Alles sogleich in seiner Gänze zu negieren. Was ist aber, wenn Alles nicht ist? Was bleibt, wenn wir Allem die Existenz entziehen? Wenn wir Alles aufheben, alles Sein verneinen? Für nichtseiend erklären? Wir verstehen, daß unsere Leserschaft jetzt schmunzelt. Was ist, wenn Alles nicht ist? Auch wir müssen schmunzeln. Denn die Antwort lautet: Nichts! Wenn Alles nicht ist, dann kann nur Nichts sein. Reines Nichts. Absolutes Nichts. Vollkommenes Nichts.

Kap 2

Nichts und Sein und Leere

Parmenides von Elea, ein weithin geachteter Philosoph der vorsokratischen Epoche, vertritt vehement die Ansicht, über Nichts lasse sich weder nachdenken geschweige denn Aussagen treffen. Nichts sei eben nicht. Nichts sei nichtseiend. Und Nichtseiendes, also etwas, das es überhaupt nicht gibt, könne man nun mal nicht erkennen oder gar aussprechen.

Allerdings muß hier die Frage gestattet sein, wie Parmenides denn eigentlich zu dieser doch recht dezidierten Ansicht gelangt. Nach eigenen Angaben ja selbst nicht befähigt, über Nichts nachzudenken oder Aussagen zu treffen.

Augustinus von Hippo, Philosoph und Kirchenlehrer während des Umbruchs von antiker Zeit hin zum Mittelalter, übernimmt einen Gedanken aus dem alttestamentarischen Makkabäer-Brief und pocht auf eine Creatio ex nihilo. Denn nur eine Schöpfung aus dem Nichts sei wahrlich Schöpfung zu nennen und damit Gottes würdig. Alles andere als eine Schöpfung aus dem Nichts bestünde bloß als Veränderung von bereits Bestehendem. Alles andere habe nicht mehr als göttliches Schaffen zu gelten sondern nur noch als demiurgische Umwandlung von längst Vorhandenem.

An dieser Stelle sollte deutlich darauf hingewiesen werden, daß ein herausragender Vertreter der Patristik vor der Schöpfung neben Gott auch Nichts anerkennt. Als das, woraus Gott schöpft. Gott schöpft nicht aus sich selbst, denn er ist gemäß einer weithin anerkannten Definition vollkommen, einzig und unerschaffen. Schöpfte Gott aus sich selbst, so müßte er Vollkommenes, Einziges und Unerschaffenes, müßte Gott Gott schöpfen. Einen zweiten vollkommenen, einzigen und unerschaffenen Gott. Aber das ist Gott nicht erlaubt. Gott beginnt seine Schöpfung selbstverständlich auch nicht aus etwas, das er bereits geschaffen hat. Gott beginnt seine Schöpfung nicht nach dem Beginn seiner Schöpfung. Gott widerspricht sich nicht. Auch das ist ihm untersagt. Dieses Nichts, von dem Augustinus spricht, stammt also nicht von Gott. Steht demzufolge auch nicht in Abhängigkeit zu ihm. Nichts wird Gott vielmehr gegenübergestellt. Als ebenso Unerschaffenes, Einziges, Vollkommenes. Als ebenso Unerklärliches.

Gottfried Wilhelm Leibniz zu Beginn des 18. Jahrhunderts und Martin Heidegger dann zu Beginn des 20. Jahrhunderts, beide Philosophen, letzter vor allem Wortartist, erster zudem ein Universalgenie, Leibniz und Heidegger sind es schließlich, welche die grundlegendste aller Fragen endgültig im Gedächtnis der Menschheit fixieren: Warum ist überhaupt Etwas und nicht vielmehr Nichts? Leibniz formuliert seine Antwort noch als Gottesbeweis und vernachlässigt eine nähere Beschäftigung mit dem Nichts an sich. Es reicht ihm festzuhalten, daß Nichts eben nicht ist. Nirgendwo, nirgendwann, nirgendwie. Sondern vielmehr und ausschließlich Etwas existiert. Und da kein Etwas grundlos, ohne Ursache sein kann, muß es einen ewigen Gott als zureichenden Grund für Alles geben. Heidegger hingegen stellt Sein und Nichts bereits als zusammengehörend, als sich bedingend auf eine Stufe. Allerdings will er sich nicht lösen vom Menschen und dessen Befindlichkeiten als unumstößlichen Bezugspunkt jedes Beantwortungsversuchs. Er nutzt Begriffe wie Befremdlichkeit, Angst oder Langeweile, um die Wirkungen eines existenziellen Nichts auf den Menschen zu charakterisieren.

Jacques Derrida, Philosoph des ausgehenden 20. Jahrhunderts, unter Kollegen als Sophist und Dadaist verschrien, kehrt ganz offen wieder zu Parmenides zurück. Nichts als das Unbestimmte, Ungewisse an sich, als das Unvernünftige, Unverständliche schlechthin könne nicht angedacht oder gar besprochen werden. Nichts sei völlige Antipode zur Ordnungsmacht der Icherfahrung. Und somit schlichtweg Wahnsinn. Pure Demenz.

Allerdings möchten wir hier anmerken, daß Derrida nicht soweit geht, Nichts als solches zu verneinen sondern nur dessen erkentnistheoretische Erreichbarkeit. Das Nichts, so Derrida, es zeige sich. Aber eben einzig und allein im Schweigen.

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Die Vorsokratik stellt den eigentlichen Beginn dar der abendländischen Philosophie. Ihre Vertreter, damals Naturphilosophen genannt, legen den Schwerpunkt ihres Fragens auf die Arché, den Urgrund aller Dinge. Im okzidentalen Denken vollzieht sich während dieser Phase die Trennung, ja der Bruch zwischen Schein und Sein. Das Durchdringen homerischer Oberflächen, das Abstreifen anthropomorpher Mythen hebt an. Man vertritt jetzt den Anspruch, die Welt nicht mehr nur mithilfe subjektiver Eindrücke zu erzählen, sondern sie anhand objektiver Ausdrücke zu erklären. Wissenschaft, welche sich in Abgrenzung zu Glaube und Meinung nun denn auch als solche versteht, beginnt. Viele Vorsokratiker suchen nach einem ewigen Urstoff und finden ihn noch ganz konkret im Feuer, im Wasser, in anderen oder mehreren Elementen.

Pythagoras ist es, der die Zahl und deren Verhältnisse als neue Göttlichkeit bestimmt. Harmonie ist ihm oberstes Gebot des Weltzusammenhangs. Seine eingeschworene Gemeinschaft verzichtet auf Fleischkonsum, lauscht Sphärenklängen nach und betreibt handfeste Politik.

Die Eleaten um Parmenides lassen allein das Eine als wahrhaft seiend gelten. Das Eine als Einziges, das ist und bleibt, was es ist. Das unwandelbare, unzerstörbare Eine. Das Ganze ohne jeglichen Teil. Was immer dieses Eine, was immer dieses parmenideische Sein auch bezeichnen mag, alles Andere, Veränderliche, alles sich Ändernde ist als plumper, widersprüchlicher Trug zu betrachten.

Heraklit stellt dem die Stetigkeit des Werdens, das lebendige Fließen des Vielen, die Schöpferkraft des Wechsels entgegen. Platon paraphrasiert im Buch Kratylos Heraklits wohl berühmtesten Spruch: Πάντα χωρεῖ καὶ οὐδὲν μένει. Alles fließt und Nichts bleibt. Ovid verkürzt und verschleiert den Sinn in seinen Metamorphosen zu Cuncta fluunt.

Animaxander spricht von einem Apeiron, einem unendlichen, völlig unbestimmten, stets sich ausgleichenden Stoff, aus dem heraus Alles entstehe und in den hinein genauso gerecht auch Alles wieder vergehe. Ein Hegel wird sich daran orientieren.

Atomisten abstrahieren weiter und gelangen über das Konzept nur noch endlich teilbarer, fester Größen hin zum Begriff der Leere, durch welche hindurch sie Wandel und Bewegung der Körper erklären.

Sophisten werden die letzten der Vorsokratiker genannt. Sie lassen ab vom mutmaßlich unentwirrbaren Knäuel aus Schein und Sein, Bestehen und Vergehen, Stoff und Leere. Protagoras erklärt den Menschen zum Maß und dessen Meinung, dessen Ansicht zum Ursprung aller Dinge. Erklärt des Menschen Absicht zum Ziel aller Dinge. Des Menschen Glanz und Glorie, sein ureigenster Schein lasse allgemeines Sein ja überhaupt erst aufstrahlen. Herrschaft durch Kultur wird gegen Bezahlung gelehrt, verkündet der Sieg des warmen Blutes über jene schleierhafte Kälte der Natur. Nicht ewige Weisheit, nicht innerster Wert entscheidet, sondern Wohlstand und Wachstum, effiziente Überzeugungskraft und äußerster Nutzen. Skeptizismus und Relativismus werden gepflegt. Mit den Sophisten endet die Epoche der Vorsokratik. Ihr Namensgeber Sokrates wird 399 v.Chr. in Athen als Sophist zum Tode durch den Schierlingsbecher verurteilt.

Platon, Doxograph des Sokrates und erster Idealist, versteckt das Nichts in der Kategorie der Verschiedenheit. Der Unterscheidbarkeit. Der Abgrenzbarkeit. Platon formuliert das Nichts als ontologisches Ordnungsprinzip und stellt es auf eine Stufe mit den Ideen des Seins, der Ruhe, der Bewegung und der Identität. Nichts ist Platons Grenze zwischen den Dingen.

Aristoteles, Schüler des Platon und Meister der Empirie, weiß in seinem Werk einen inneren, einen gar wesentlichen Mechanismus festzustellen, welcher jeglicher Leere von Natur aus zukommt. Die mittelalterlichen Wiederentdecker werden diese Stellen mit dem Begriff ‚horror vacui‘ übersetzen: die Natur selbst in ihrer kompletten Vernunft verweigert sich dem Nichts. Sie läßt Leere nicht zu. Ihr Sein, ja Sein überhaupt, gelingt nur als aktiver, als durchaus willentlich betriebener Ausschluß jeglicher Leere. Der unbewegte Beweger, höchste Entität des Aristoteles, er bewegt nicht im Nichts. Bewegte der unbewegte Beweger im Nichts, so wäre er kein Beweger, denn er würde doch nur Nichts bewegen. Horror vacui: die Ewigkeit der Welt sei mindestens mit Äther angefüllt!

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Die Kirchenväter des beginnenden Mittelalters beschreiten auch in ganz bewußter Abgrenzung zu antikem Denken einen anderen, einen konträren Weg. Das christliche Universum, die Welt ihres Schöpfergottes, sie ist nicht ewig. Kann, darf und soll es nicht sein. Hatte antikes Denken Anfang- und Endlosigkeit der Welt noch beinahe stillschweigend vorausgesetzt, so ruft jetzt eine von göttlicher Offenbarung begeisterte Patristik irdisches Geschehen als absolut historisch aus. Schöpfungsgeschichte und Apokalypse bleiben in jedem kirchlichen Kanon zentrale Aspekte.

Kap 3

Nichts und Gott

Halten wir uns mit Augustinus ein wenig in der vorgeschöpflichen, in der prähistorischen Ära seiner Göttersaga auf. Den Worten des Kirchenvaters zufolge ist vor dem Anfang also nur der Schöpfergott und Nichts. Creator et Nihilum. Gott und eben das Nichts, aus welchem der Schöpfer Himmel und Erde und alles Weitere zu erschaffen gedenkt. Augustinus verschweigt jedoch folgendes: Ohne dieses Nichts ist es Gott nicht möglich, ein Universum mit all dessen Inhalten zu kreieren. Ohne dieses Nichts ist es Gott nicht möglich, überhaupt auch nur irgendetwas zu schöpfen. Ohne dieses Nichts kann Gott garnicht Gott sein. Er benötigt das Nichts. Ist dringend darauf angewiesen. Andererseits: Ist das Nichts, das vorgeschöpfliche, voranfängliche Nichts angewiesen auf Gott? Benötigt es ihn, um das zu sein, was es ist? Nämlich Nichts? Gott ist nur dann der, der er ist, wenn auch Nichts ist, aus welchem er Welten und Wunder schöpfen kann. Nichts dagegen bleibt Nichts. Mit oder ohne Gott. Nichts ist nicht auf Gott angewiesen, um Nichts zu sein.

Wir müssen an dieser Stelle anmerken, daß einem solchen Nichts zweifellos ein höherer, wenn nicht gar der höchste Grad an Vollkommenheit zuerkannt werden sollte. Noch vor Gott. Und wenn Gott nur mittels Nichts Gott sein kann, weil ihm nur dieses Nichts das Schöpfen erlaubt, so fühlen wir uns zu der Annahme gedrängt, daß jenes voranfängliche Nichts den Schöpfergott als solchen überhaupt erst in Amt und Würden versetzt. Überhaupt erst schöpft. Nichts läßt Gott sein. Damit besäße Nichts natürlich auch einen höheren, wenn nicht gar den höchsten Grad an Unerschaffenheit, an Einfachheit und Einzigartigkeit.

Nichts habe Gott erschaffen. Nichts sei größer, herrlicher, ewiger als Gott. Nichts könne sein ohne Gott. Alle Hochreligionen beharren ja darauf in ihren tagtäglichen Gebeten.

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Gott vermag nicht aus sich selbst zu schöpfen, weil er als Unerschaffener, Einziger und Vollkommener aus sich nur Vollkommenes, Einziges und Unerschaffenes, also nur Gott und auch Nichts zu schöpfen in der Lage wäre. Allerdings ist Gott der, der er ist. Gott ist ungeteilt. Gott ist Gott. Gott ist nicht zugleich Gott und Nichts. Wie sollte da Gott aus sich Nichts erschaffen? Wenn aber das Nichts unerschaffen, einzig und vollkommen ist, wie könnte der vollkommene, einzige und unerschaffene Gott aus eben diesem Nichts etwas Geschöpfliches, Vielfältiges, etwas Unvollkommenes erschaffen? Gilt doch für Gott: Er kann aus Vollkommenem allein Vollkommenes erwirken. Also sollte Gott auch aus jenem ihm zumindest ebenbürtigen Nichts nur Vollkommenes, Einziges und Unerschaffenes hervorbringen. Doch das tut er augenscheinlich nicht. Warum nicht?

Die einfachste und damit wohl angemessenste Antwort mag in unserem Falle auch die überraschendste sein: Es ist nicht Gott, der schöpft. Er mag unerschaffen, einzig und vollkommen sein. Aber er ist nicht der Schöpfer. Es ist nicht Gott, der das Weltganze, der das Weltall hervorgehen läßt. Weder aus sich noch aus dem Nichts. Doch was bleibt, wenn Gott nicht als Schöpfer infrage kommt, vor einer Schöpfung aber nur Gott und Nichts vorhanden sind? Die Leserschaft schmunzelt. Und wir schmunzeln mit ihr. Nichts bleibt. Nichts muß der Schöpfer sein.

Kap 4

mehr Nichts

Nichts muß der Schöpfer sein? Wie soll das funktionieren? Lukrez, Philosoph des letzten vorchristlichen Jahrhunderts, Anhänger des Epikur und Vertreter eines atomistischen Mechanismus, liefert uns, ohne es selbst recht zu ahnen, einen Hinweis. In seinem berühmten Lehrgedicht ‚Über die Natur‘ hält er unumstößlich fest: ‚Denn wir sehen, daß Nichts von Nichts entstehen kann‘. Schon Parmenides hatte dies ähnlich apodiktisch formuliert. Leibniz gründete, wie wir weiter oben angedeutet hatten, einen Gottesbeweis auf diesen Satz. Und heutzutage schallt es der Leserschaft bereits im Kindergarten kurz und knapp entgegen: Von Nichts kommt Nichts! Nichts geschieht ohne Grund. Eine Selbstverständlichkeit.

Eine Selbstverständlichkeit ist aus sich selbst heraus verständlich. Sie benötigt nur sich selbst, um begreiflich zu sein. Sie bedarf keiner komplizierten, keiner ausufernden Erläuterung. Was also meint: Von Nichts kommt Nichts? Was heißt: Nichts geschieht ohne Grund? Die Antwort auf diese Frage stellt sich als zweiteilige dar, bleibt aber tatsächlich sehr einfach. Zum einen hat Alles eine Ursache. Alles ist grundsätzlich bedingt, bewirkt, ist immer bestimmt von Kausalität. Von Anfang und Ende. Werden und Vergehen. Raum und Zeit. Alles ist ein Prozeß, aber immer nur als Abfolge äußerlicher und damit wahrnehmbarer Zustände. Der andere Teil der Antwort auf unsere Frage, die andere Seite der Medaille, sie mag manchem Leser vielleicht als allzu einfach erscheinen, als geradezu keinfach: Ist Nichts, dann ist grundsätzlich immer mehr Nichts. Von Nichts kommt Nichts. Kommt immer mehr Nichts. Ohne Grund. Mit Nichts, mit sich selbst als Grund. Nichts ist ein Zustand, welcher sich grundsätzlich und fortlaufend als innerer Prozeß der Selbstvermehrung nicht nur behauptet und bestätigt, sondern sogar bekräftigt und verstärkt. Ist Nichts, dann ist immer schon mehr Nichts. Und noch mehr Nichts. Das Schöpferische, ja das Lebendige gar, so möchten wir festhalten, ist dem Nichts somit in wesentlicher Weise inhärent. Nichts ist, indem es mehr Nichts ist. Wir erinnern uns: Gott ist der, der er ist. Gott ist nicht Gott und Nichts. Und Gott ist auch nicht immer mehr Gott. Ihm ist die Vermehrung seiner selbst untersagt. Gott ist unveränderlich. Gott ist in vollkommener Ruhe. Gott ist mit sich selbst identisch. Nichts verfügt da über mehr Freiheiten. Über immer und immer mehr Freiheiten. Nichts ist in vollkommener Bewegung. Nichts ist immer mehr Nichts.

Wie aber tritt sie denn nun zutage, die vollkommene Bewegung, das Schöpferische, das Lebendige des Nichts?

Da es uns fernsteht, das Künstlertum des Menschengeschlechts als sinnlose Farce ohne höheren Verweis abzutun, wollen wir nunmehr ebenjenes als Orientierungshilfe nutzen. Im Schöpferischen, so wie es auch der Mensch vollzieht, überlagern sich Selbstverwirklichung und Selbstverleugnung des Schöpfenden. Je schöpferischer der Mensch, desto umfassender, desto intensiver ereignen sich Selbstbejahung und Selbstverneinung im Moment des Schöpfens. Je schöpferischer der Mensch, desto umfassender, desto intensiver geschieht die Überlagerung von Selbstverwirklichung und Selbstverneinung. Der vollkommen Schöpfende gelangt im Moment des Schöpfens in einem vollkommenen Maße zu sich selbst, sodaß es ihm mehr noch gelingt, in ebenso vollkommenen Maße sich selbst zu übersteigen. Sich selbst zu hinterlassen. Tatsächliche Kunst ist jedoch beileibe mehr als ein gelungener Ausdruck des Künstlers. Solche Kunst ist viel mehr als der Künstler selbst. Tatsächliche Kunst vermag es, den Künstler zu noch mehr Künstler, vermag es, den Könner zum Schöpfer, das Vergängliche zu Ewigem zu transponieren.

Da es uns noch weitaus ferner steht, das Dasein selbst des Menschengeschlechts als sinnlose Farce ohne höheren Bezug abzutun, wollen wir auch dieses als Orientierungshilfe nutzen. Im Lebendigen, so wie es auch der Mensch vollzieht, überlagern sich Werden und Vergehen des Lebendigen. Je lebendiger der Mensch, desto umfassender, desto intensiver ereignen sich Werden und Vergehen im Moment des Erlebens. Je lebendiger der Mensch, desto umfassender, desto intensiver geschieht die Überlagerung von Werden und Vergehen. Der vollkommen Lebendige gelangt im Moment des Erlebens in einem vollkommenen Maße zu sich selbst, sodaß es ihm gelingt, in ebenso vollkommenen Maße sich selbst zu übersteigen. Echtes Erleben ist mehr als ein Eindruck des Lebendigen. Echtes Erleben ist viel mehr als der Lebendige selbst. Echtes Erleben vermag es, den Lebendigen zu einem noch mehr Lebendigen, vermag es, den Alles Erlebenden zu einem Alles Überlebenden zu machen.

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Wir zögern nicht, in diesem Zusammenhang auf Jesus von Nazareth zu verweisen. Auf dessen vollkommenes Werden und Vergehen. Auf dessen vollkommenes Einssein in Selbstbehauptung und Selbstüberwindung. Jesus von Nazareth soll als vollkommen Schöpferischer, als vollkommen Lebendiger in Erscheinung getreten sein. Eben als ein Mensch und Gott zugleich.

Ein Seelenkundler mag dazu ausführen, jener galiläische Mann habe doch, wenn auch in wahrlich genialer Manier, nur seine existenzielle Prägung ausgelebt, welche er durch den frühkindlich-unverkrafteten Verlust des Vaters erleiden mußte. Der Halbwaise – oder eklatanter noch – der aufgrund seiner unlauteren Geburt vom Vater Verlassene, Aufgegebene, dieses von Selbstzweifeln, von Selbsthaß durchdrungene Geschöpf findet, ja erfindet einen neuen Vater in Gott. Welch grandiose Strategie! Zum ersten Mal in der Geistesgeschichte des Menschen ist Gott nicht mehr der völlig Unansprechbare, Unnahbare im Allerheiligsten des Tempels. Nicht mehr der altgewohnte, stets unberechenbare Diktator. Gott ist jetzt Vater. Der neue Vater. Ganz und gar unmittelbar. Immer präsent. Ohne Tempel, ohne Priester, ohne Prunk, ohne Schwur und ohne Machenschaft. Vater ist jetzt Gott. Der neue Gott. Du und Ich. Einfach Wir. Beide vereint. Mitten im Herzen. Samt Leib und Seele. Der Einsame ist nicht dumm. Wenn Gott sein Vater ist, dann ist er selbst Gottes Sohn. Dann ist der Sohn selbst ein Gott. Welch phantastische Selbstüberhöhung! Da ist nichteinmal mehr Platz für Mutter oder Familie. Und der göttliche Sproß kennt die Heiligen Schriften. Von jeher haben sie ihn magisch angezogen. Der Vaterlose ist sich sicher, daß er seine neue Sohnschaft erzwingen kann. Dazu muß er Gottes in den Schriften wohlformulierte Bedingungen erfüllen. Satz für Satz, Wort für Wort, Jota für Jota. Der Kranke fühlt sich stark genug, fühlt sich von seinem selbsterfundenen Gottvater, von seinem neuen Vatergott geliebt und beschützt genug, solch ein Werk zu vollbringen. Er katapultiert sich mit aller je verspürten Gewalt aus seinem emotionalen Höllental hinauf in noch von keinem Menschen erreichte Himmelssphären. Aus dem Schutzlosen, dem Geschichtslosen, Namenlosen, aus dem Hoffnungslosen direkt hinauf auf des Weltenlenkers Schoß. Der Seelenkundler warnt: Bei solch münchhausenem Zug an eigenem Schopfe ist fataler Sturz vorprogrammiert. Am Kreuze hängend, der Leere inzwischen übervoll, keucht der galiläische Mann den eigenen Fluch, jenen abstrusen Haß auf sich selbst, dann auch ein allerletztes Mal hinaus: ‚Eli, Eli, lama sabachthani!‘

Gott, oh Gott, warum hast Du mich verlassen…

Kap 5

nicht Nichts

Wir hatten gefragt: Wie tritt sie zutage, die vollkommene Bewegung des Nichts? Wie verhält es sich mit dem Lebendigen, mit dem Schöpferischen des voranfänglichen Nichts?

Vor dem Anfang von überhaupt Allem ist Nichts. Vollkommenes Nichts. Für dieses Nichts gilt: Nichts ist, indem mehr Nichts ist. Nichts nichtet. Nichts selbst nichtet. Vollkommenes Nichts ist nichtendes Nichts, ist überfließendes Nichts. Vollkommenes Nichts ist in seinem Selbstsein, in seinem Nichten aber nicht nur extensiv, nur an sich immer schon vollkommen mehr Nichts. Vollkommenes Nichts ist in seinem Selbstsein, in seinem Nichten genauso auch intensiv, also für sich immer schon vollkommen mehr Nichts. Nichts selbst nichtet sich. Nichts nichtet sich selbst. Vollkommenes Nichts ist immer mehr sich selbst nichtendes Nichts. Voranfängliches Nichts ist so sehr, so intensiv Nichts, dieses Nichts ist derart vollkommen nichtend, daß es so, wie es in Ewigkeit mehr Nichts ist, so auch in Ewigkeit bereits vollkommen genichtetes Nichts. Nichts nichtet, indem immer schon mehr Nichts sich selbst immer schon zunichte macht. Nichts läßt sich selbst in seinem Überfließen überfüssig sein.

Für das voranfängliche, vollkommene Nichts gilt somit: Nichts ist, indem immer mehr Nichts zugleich immer nicht Nichts ist.

Was aber wird, wenn da nur ewiges Nichts ist und dieses Nichts als immer mehr Nichts immer schon nicht Nichts ist. Was wird, wenn da nur Nichts ist und selbst dieses Nichts nicht ist? Was wird, wenn da nur Nichts ist und dieses Nichts sogar sich selbst aufhebt? Sich selbst nichtet? Nichts kann es nicht sein, was wird. Nichts ist schon, indem es sich nichtet. Was wird dann also? Die Leserschaft möge sich an den Beginn unseres Gedankenexperiments erinnern und schmunzeln. Denn die Antwort kann nur lauten: Alles wird. Das voranfängliche, vollkommene Nichts läßt in seiner vollkommenen Selbstnichtung Alles sein. Immer mehr Alles.

Nichts ist, indem immer schon mehr Nichts immer schon nicht Nichts ist. Darum wird Alles. Alles andere und andere Alles. Darum wird immer mehr Alles.

Heraklit hält fest: Der Seele ist der Logos eigen, welcher sich selbst mehrt..

 

*

Darum wird Alles. Darumherum wird Alles. Sich selbst nichtendes Nichts ist Kern, ist Anfang von Allem. Von immer mehr Allem, das ist, das war und das sein wird. Immer mehr sich selbst nichtendes Nichts ist Anfang von immer mehr Allem, das nicht ist, nicht war und nicht sein wird. Sich selbst nichtendes Nichts ist Anfang von immer mehr Allem, das sein und auch nicht sein kann.

Wir sind geneigt, solcherart Nichtnis mit dem Ausdruck ‚Weiße Löcher‘ zu poetisieren. Unerkennbar klein. Unbenennbar fein.

Erst die vollkommene Selbstnichtung des voranfänglichen Nichts schafft logisch als auch ontologisch Platz für Alles. Für alles Andere. Unaufhörlich. Unermüdlich. Das ewige Nichts läßt Alles werden, indem das ewige Nichts durch sich selbst verschwindet.

Ist Nichts, so muß Alles werden. Alle Äpfel in der Kiste, alle fehlenden Mitglieder einer Gruppe und alle noch zu findenden Definitionen von Glück. Jegliche Quantenfluktuation, ein einziger Gott und natürlich alles andere. Alles andere als Nichts. Njchts. Nychts. Nchts. Irgendwie. Irgendwann. Irgendwo.

*

Wir haben nicht mit Derrida geschwiegen. Wir haben Leibnizens und Heideggers Frage, wir haben die existenziellste aller Fragen mit einem einfachen Vorschlag beantwortet. Wir haben einem Augustinus gebührend Respekt gezollt. Wir haben Hegel übergangen, weil er nur Animaxander wiederholt. Jetzt wollen wir uns mit Parmenides versöhnen. Er hat, wie sich uns zeigt, ganz recht, wenn er sagt: Nichtsein ist nicht. Wir explizierten ihn im Folgenden nur: Vollkommenes Nichtsein ist aktuelles, sich in vollständigem Vollzug befindliches Nichtsein. Ist Nichtsein des Nichtseins. Sein entspringt allein dem ewigen Ereignis des Nichtseins. Vollkommenes Nichtsein ist vollkommenes Nichtsein des Nichtseins. Weswegen als unmittelbare Folge Sein werden muß. Sein ist in Allem, ist in seiner Gesamtheit, Sein ist in seiner vollkommenen Teilhaftigkeit von Nichts abhängig.

Wir halten es für zulässig, an dieser Stelle noch einmal Heraklit hintanzufügen. So viele Reden habe er gehört, doch keine sei je so weit gekommen zu erkennen: das Weise ist von Allem geschieden. Wir verstehen nun, was Heraklit, der Mann der Gegensätze, was der Dunkle da erahnt.

Kap 6

Niemand

Epikur erklärt Glück als Abwesenheit physischen und psychischen Schmerzes. Wegweiser der menschlichen Befindlichkeit soll hierbei das Lustprinzip, ihr Ziel Unerschütterlichkeit sein. Als Verhaltensregeln werden Bescheidenheit und Wissensdurst angemahnt. Vertreten wird ein atomistischer Materialismus und somit die Vergänglichkeit der Seele. Götter werden geleugnet. Zumindest Bescheidenheit und Wissensdurst wollen wir fraglos für uns übernehmen.

Gott ist also nicht der Schöpfer. Gott ist vielmehr selbst aus der Nichtnis des Nichts hervorgegangen. Aus dem Schöpferischen, dem Lebendigen, aus der Selbstverwirklichung, der Selbstvernichtung des Nichts. Nichts läßt sich in seiner Tat als Niemand erkennen. Nichts manifestiert sich. Nichts durchdringt, es durchtönt und personifiziert sich. Nichts begeistert und offenbart sich. Das voranfänglich vollkommene, Nichts als Nichts nichtende Nichts, Nichts als Niemand läßt Gott sein. Als Ersten, Einen, als Einzigen und Ewigen von Allem. Aber eben nicht als Schöpfer. Gott ist Zeuge. Der erste, eine, der einzige und ewige Zeuge von Allem. Der erste, eine, der einzige und ewige Beweis. Niemand gibt Gott frei. Gott nimmt Alles wahr. Gott bezeugt Alles. Gott beweist Alles. Gott ist der unbeobachtete Beobachter. Der ungesehene Seher. Der ungehörte Hörer. Der unverstandene Versteher. Gott weiß um jede Tat. Er stellt, er hält sie alle fest. Unter Gottes durchdringendem Blick kollabiert jede Quantenfunktion zu wirklichem, zu geschehenem Geschehen. Nichts ist die gegenwärtige Zukunft. Gott die unvergängliche Vergangenheit.

Gott wird von Niemandem beobachtet. Gott wird von Niemandem gesehen. Gott wird von Niemandem gehört. Gott wird von Niemandem verstanden.

Gott ist nicht der Schöpfer. Gott ist Zeuge der Schöpfung. Beweis der Schöpfung. Gott ist Beobachter der Schöpfung. Erst durch Gottes Wahrnehmung der Schöpfung verifiziert sich Schöpfung als das, was sie ist. Erst durch Gottes Bestätigung ist Gott selbst, der er ist. Sein sprudelt überall hervor aus dem Nichts. Aus der Nichtnis des Nichts. Niemand schöpft. Gott nimmt dies wahr. Gott macht dies wahr. Gott bestätigt Namen und Titel. Gott weiß, daß er nicht der Schöpfer ist. So frei ist Gott. Gott glaubt an Niemanden. So schön ist Gott. Gott glaubt an den Keinen, den Keinfachen. Gott glaubt an den Keinzigen.

Im Anfang ist das Wort. Und das Wort ist bei Gott. Und Gott ist das Wort. Gott hört den Urklang. Gott vernimmt die Schöpfung. Gott ist ihr Anfang. Gott verspürt den Laut, Gott erfühlt den Atmer, als welcher Nichtnis Nichts durchströmt. Gott vernimmt das erste, eine, das einzig ewige Wort. Und Gott wiederholt des Niemands Wort. Gott ist des Niemands Wort. Und Gott spricht: Nein!

Im Anfang bezeugt Gott Himmel und Erde. Die Erde aber ist wüst und wirr. Nichtig und leer. Finsternis liegt über der Urflut. Irgendwo dort über den Wassern schwebt Gottes Geist. Unerkannt, unbenannt. Unbezeugt. Und Gott, der Alles erkennen will, der Alles benennen muß, und Gott, der Alles bezeugen wird, er ruft das Wort hinein in die endlosen Leeren: Nein! Schleudert das Wort wie einen Sturm in die Finsternis hinaus. Nein und nochmals Nein! Niemand versteht. Niemand handelt. Und es wird Licht. Aus Nichts wird plötzlich Licht. Immer mehr Licht. Als käme Licht von Licht. Jetzt erst sieht Gott, daß Licht ist. Erst jetzt weiß Gott, was Licht ist. Sieht, daß Licht gut ist. Erst jetzt kennt Gott den Namen, spricht ihn aus: Licht! Licht und nochmals Licht!

Gott dankt Niemandem.

Kap 7

Gott stirbt

Nichts ist, indem immer mehr Nichts nicht Nichts ist. Darum wird Alles.

Alles wird, indem immer mehr Alles nicht Alles war. Sondern Njchts und Nychts.

Njchts und Nychts war, indem immer mehr Njchts und immer mehr Nychts nycht Nychts und njcht Njchts bleibt. Sondern Nchts.

Nichtnis des Nichts entäußert sich als Niemand. Nichtung des Alles erinnert sich als Jemand.

*

Wenn einem Gott ein spezielles Handeln zugeschrieben wird, welches in seiner Umsetzung dem naturwissenschaftlichen Verständnis des Menschen zuwiderläuft, so wird dieses Ereignis von Wohlwollenden im Allgemeinen als Wunder betrachtet. Doch nur der Mensch ist es, dem ein Geschehen wider jedes Naturgesetz als Wunder erscheint. Für einen Gott selbst ist solches Handeln mitnichten wunderbar. Im Gegenteil: ein Gott ist kein Demiurg. Es ist notwendige Bedingung eines Gottes, ein unstreichbarer, ja wesentlicher Bestandteil seiner Definition, seines Charakters, seines Willens, je nach Bedarf nicht an naturwissenschaftliche Vorgaben gebunden zu sein. Für einen Gott stellt das, was dem Menschen als Wunder erscheint, an Aufwand nicht mehr dar als ein Fingerschnippen. Solcherart Wunder sind nichts weiter als punktuell konzentriertes Zutagetreten göttlicher Allmacht.
Dennoch ist da ein Wunder, das auch unter den ewigen Göttern als echtes Wunder gilt. Da ist etwas, das auch von unsterblichen Göttern als schiere Unmöglichkeit erachtet wird. So manche aus ihren Reihen versuchen sich an diesem Wunder. Sie alle scheitern und führen nur noch ein Schattendasein im menschlichen Gedächtnis. So manche der ewigen Götter wagen das Wunder und versuchen zu sterben. Lassen sich zerstückeln und zerreißen und versprengen. Aber es sind schwache, frühe Götter. Noch Götter neben Göttern. Sie werden wieder zusammengesetzt, mehr schlecht als recht. Oder degradiert und durch andere ersetzt.
Auch der erste, eine, der einzige und ewige, der allerhöchste Gott nimmt dieses Wunder für sich in Anspruch. Und er allein vollbringt tatsächlich, was nur der allerhöchste Gott vollbringen kann. Der unerschaffene, vollkommene Gott. Ihm, dem Unvergänglichen, gelingt das eine, einzige, das erste und ewige Wunder Gottes: der Unsterbliche stirbt!

Gott ist, indem Gott nicht Gott bleibt. Gott, der Schöpfer, macht sich zum Geschöpf und stirbt. Gott, der Zeuge, erkennt sich als Geschöpf und stirbt. Wird geboren. Gegeißelt und gekreuzigt. Wird begraben. Der unerschaffene, vollkomme Gott nichtet sich. Tötet sich. Er verschwindet. Restlos. Sogar noch aus dem eigenen Grab.

Teil II

(Phantastisch Reisen)

Vorwort

Gedankenexperimente dienen dem Gespräch. Gedankenexperimente dienen der leichtgängigen, im besten Falle beflügelten Kommunikation eines mutmaßlichen Sachverhalts. Gedankenexperimente tragen den Charakter des Fragens in sich. Sie fordern zur Antwort auf. Sind offen für Widerspruch. Gedankenexperimente dienen dem Anstoß einer, so bleibt zu hoffen, lebhaften Diskussion.

Mag sich solch Gespräch auch nur im Stillen, im Innern eines Verstandes ereignen, so liegen doch die beiden Schwerpunkte des Gedankenexperiments stets auf Verbildlichung einerseits, auf Klarstellung, auf Zusammen- und Gegenüberstellung, auf Verbegrifflichung von vorläufig Anerkanntem und andererseits, nicht minder gewichtig, auf dem Betrachten und Besprechen der resultierenden Konsequenzen. Gedankenexperimente intendieren immer auch das Fortführen des Gesprächs.

Mit Phantastischen Reisen verhält es sich durchaus anders. Man mag sie gemeinhin den Gedankenexperimenten zuzählen dürfen. Doch Phantastische Reisen sind von ganz eigener Art. Sie dienen nicht. Sie geschehen allein für sich. Phantastische Reisen werden als Monolog geführt. Ohne Rücksicht auf Begleiter. Der Phantastisch Reisende läßt sich gehen. Reißt womöglich mit. Findet in freiem Lauf mehr sich selbst als das neue Land. Der Phantastisch Reisende unternimmt mithilfe einer bewußt schwungvollen, einer ab und an gar wagemutigen Fahrt den Versuch, das neue Land in sich selbst zu gründen. Und doch, der Phantastisch Reisende, weder will er rasen noch will er sich mit Worten und Systemen beschweren. Er dient nicht. Weder einer Unterhaltung noch der Wissenschaft. Der Phantastisch Reisende, er möchte schauen und staunen. Der Phantastisch Reisende möchte sich jetzt und hier als Erlebender bewähren, um dann später vielleicht als Beschreibender zu verstehen.

Im Folgenden dieser kurzen Schrift über das Nichts, im Anschluß an unser Gedankenexperiment werden wir nun also eine Phantastische Reise wagen. Den Jüngeren unter der geneigten Leserschaft, den noch Heldenmütigen, noch Heldenwütigen mag unsere Fahrt als Beispiel, als Ansporn zu eigenem Aufbruch hilfreich sein. Den schon Älteren unserer verbliebenen Leserschaft, den schon Geschlagenen, schon vom Felde Getragenen soll diese Reise Hoffnung machen. In jedem von uns schlängelt sich ein Weg ins Paradies. Ein jeder von uns schlängelt sich als sein Weg ins Paradies. Wir alle sollten uns dessen gewahr werden. Mehr noch: wer von uns es vermag, der versuche sich allem Schweigen, allem Zweifel, allem Spott und aller Verachtung zum Trotze zu offenbaren. Der werfe dem an sich selbst erblindenden Menschengeschlechte ein ‚Nein! Nein und nochmals Nein! entgegen und unternehme es, ein Ziel aufzuzeigen. Als Bild, als Lied, als Schrift. Als Tat. Als Werk. Wer von uns es vermag, der sei ein Phantastisch Reisender. Der gestalte sich als Mensch, welcher die Kunst zu Lächeln versteht auf seinem Sterbebett.

Kap 1

Tod

Ich war lebendig. Gott war mein Zeuge. Ich war Angeklagter aller Anderen. Ich war Verteidiger aller Anderen. Ich war Ankläger aller Anderen. Ich war Richter aller Anderen. Gott war mein Zeuge. Ich war lebendig. Ich war das Urteil: Ich weiß, daß ich Nichts weiß. Ich fragte Gott: Bin ich tot? Gott antwortete: Nein!

Du darfst der erste sein, der eine, der einzig Lebendige unter allen Anderen. Du darfst ewig lebendig sein.

Jetzt bin ich tot. Niemand ist mein Zeuge. Ich bin jetzt Angeklagter meiner selbst. Ich bin jetzt Verteidiger meiner selbst. Ich bin jetzt Ankläger meiner selbst. Ich bin jetzt Richter meiner selbst. Niemand ist mein Zeuge. Ich bin jetzt tot. Ich bin das Urteil: Ich weiß, daß ich Alles weiß. Ich sage zu Niemandem: Ich bin tot. Und Niemand antwortet: Nein!

Du sollst nicht der erste, der eine, der einzig ewige Tote sein. Du kannst dich jetzt entscheiden.

Kap 2

Tertium datur

Ich bin tot. Drei Alternativen stehen jetzt zur Wahl: Abkehr, Umweg oder Heimfahrt.

Ich bin tot. Ich kann mich für eine Abkehr entscheiden. Eine Abkehr noch vor den eigenen, noch vor allen Anfang zurück. Ich kann mich für eine Abkehr ins Nichts entscheiden. Für ein vollkommenes Entsagen. Für einen vollkommenen Neubeginn. Irgendwann, irgendwo, irgendwie. Da wird dann keine alte Schuld mehr gelten. Keine alte Bestimmung. Da wird kein altes Ich mehr weiterwalten. Alles Alte ist dann eines Anderen Altes. Alles Eigene ist vergangen. Vergessen. Verschwunden. Verloren.

In Nichts abgekehrtes Ich ist dann kein abgekehrtes Ich mehr. Abgekehrtes Ich ist selbst Nichts. So vollkommen Nichts, daß solch Nichts nicht einmal Nichts ist. Sondern irgendein Alles wird. Ein vollkommen neuer Beginn. Ein vollkommen neues Ich. Eine vollkommen neue Bestimmung. Eine vollkommen neue Schuld.

Das alte Ich wird ein in Allem, ein ganz und gar anderes gewesen sein als das neue Ich. Jedes neue Ich wird absolut neu, absolut unabhängig in Erscheinung treten können. Wenn es das möchte.

Unendlich oft darf ich mich für eine Abkehr entscheiden. Unendlich oft darf ich einen Tod durchleben. Unendlich oft darf ich Bestimmung, darf ich Schuld, darf ich mich selbst verneinen. Unendlich oft darf ich vollkommen neue Lebenswege zum einen, zum ewig einzigen Ziel verfolgen. Zur Annahme, zur Sühne aller Schuld. Aller Schuld, die war. Aller Schuld, die ist. Aller Schuld, die sein wird.

*

Du bist tot? Du hast dich für eine Abkehr entschieden? Du schwebst in Finsternis. Über der Urflut. Über der einen, der ersten und einzigen, du schwebst über ewiger Tiefe. Da ist keine Sonne und kein Mond. Kein Horizont. Da ist nur Nichts und Niemand.

Du hast dich für eine Abkehr entschieden. Darum erklingt es jetzt, laut und klar: Nein! Nein und nochmals Nein!

Niemand schweigt. Es ist deine Stimme, die du dich und deine Welt durchtönen, die du das Universum durchstreichen hörst. Du selbst bist es, der da spricht und der da hört. Und es wird kein Licht! Nirgendwo, nirgendwie, nirgendwann. Da wird kein Anfang. Kein Schatten und kein Schimmer. Keine Hoffnung. Da ist nichts als Ende. Nacht und Tod. Nein! Nein und nochmals Nein! Du, der Geist, welcher noch über den Wassern zu schweben meint, schon unerkannt, unbenannt, unbezeugt, schon Nichts erkennend, Nichts benennend, Nichts bezeugend, Geist, schon sinkst du. Sinkst durch alle Finsternis, Nichts verstehend, Nichts empfindend, hinein in die grundlosen Weiten der Urflut. Verschwindest darin. Nein! Nein und nochmals Nein! Niemand schweigt. Es ist deine Stimme, die in den schwarzen Strömen zu Salz gerinnt.

*

Ich bin der Kläger. Ich bin der Angeklagte. Ich bin Zeuge und Beweis. Ich bin der Richter. Ich bin das Urteil. Ich bin die Schuld. Ich bin die Sühne.

Ich bin tot. Ich kann mich für einen Umweg entscheiden. Einen Umweg über jedes Ende hinaus. Ich kann mich für einen Umweg auf den freigewordenen Thron Gottes entscheiden. Für ein vollkommenes Entsprechen. Für ein Ende aller Enden. Den Tod jeden Todes. Ich kann mich für ein Leben allen Lebens entscheiden. Für ein Wissen allen Wissens. Für ein Sein allen Seins. Ich kann mich für das Wunder aller Wunder entscheiden. Keine Schuld. Keine Bestimmung. Ich bin dann nicht mehr ich. Sondern Gott. Und es wird geschrieben stehen: Der alte Gott, der Mensch Gewordene, er ist aus Liebe gestorben. Ist aus Liebe vom Thron gestiegen. Sodaß sich nun darauf der Mensch an das eine, ewig einzige Wunder wage und sich als echter, als wahrer, freier und schöner Gott erweise!

Alles Alte, das ganze Alte ist dann Teil des Neuen. Jenes neuen, jenes ewig einen, einzigen Gottes. Gott des neuen, des ewig einen, einzigen Universums. Alles Ferne, Fremde, alles Entfremdete, Entfernte ist so nah wie das Nächste. Aller Unterschied, alles Fallen und Schweben, alles Erheben und Zerspalten, alles Alte, das ganze Alte gilt dann nur noch als Kinderspiel. Als Spiel jener Kinder des neuen, ewig einen, des einzigen Gottes.

*

Ich bin tot. Ich kann mich sogleich für meine Heimfahrt entscheiden. In Nychts, was so sehr Nychts ist, daß es nycht Nychts bleibt. Und gemeinsam mit Njchts in Nchts einzugehen vermag.

Ich kann mich sogleich für den Sternenofen entscheiden. Im Sternenofen wird alle Schuld getilgt. Alle Schuld, die war. Alle Schuld, die ist. Alle Schuld, die sein wird. Alle Schuld, die nicht ist.

Im Sternenofen nehme ich Alles auf mich. Alles, das war, das ist und das sein wird. Alles, das nicht ist. Im Sternenofen trage ich alle Schuld. Im Sternenofen gestehe ich. Alle Schuld des Geschöpfs. Alle Schuld des Schöpfers.

Mein Gesicht ist bespuckt, mein Name verhöhnt, mein Rücken zerschunden. Ich bin schuld. Ich schweige. Ich krieche mit ausgebreiteten Armen in den Sternenofen hinein. Das Flammenheer drängt sich an mich heran. Fluchend und frohlockend. Umringt, durchdringt mich. Ich brenne. Eiskalt und glühend heiß. Ich hänge an rostigen Nägeln. Eine Lanze bohrt sich in meine Seite. Meine Beine will man brechen. Essig wird mir als Wasser gereicht. Ich verbrenne.

Ich glühe. Da ist nur mein Schmerz, meine Schuld und meine Sühne. Nichts und Niemand ist da sonst. Ich verglühe.

Nein! Nein und nochmals Nein! Niemand spricht. Und es ist Licht. Licht und nochmals Licht.

Ich leuchte. Ich durchstrahle mein Firmament. Ich leuchte endlos hell und unendlich weit. Alles erglänzt in meinem Licht.

Und Niemand sieht, daß es gut ist.

*

Die klassische Interpretation des Sternenofen-Prozesses beschreibt einen Schuldigen, welcher mindestens über die geistigen Potenzen Wahrheit, Freiheit und Schönheit verfügt. Man spricht hierbei auch zusammenfassend von einem Schwebkraft-Triplett oder dem Sonnendreifachen. Damit anerkennt der Schuldige von vorneherein genügend Beweismaterial, um ohne Aussagen des Zeugen, also ohne drastische Verschärfung der Befragung in einen eigenständigen Sühnekollaps einzustimmen. Solch Verhalten erlaubt das Abstoßen äußerer Vergehenskomplexe noch diesseits des Lichts und seiner Leuchtkräfte. Eine nur in menschlichen Maßen unerträgliche Qual während der ersten Entschuldungen wird zugestanden, um auf diesem Wege die Ausarbeitung eines immer kompakteren Intensivschuldners zu gewährleisten.

Mehrere Entschuldungsketten vollziehen sich. Erschöpft sich die jeweilige Sühnekonzentration und bricht die Schuldentilgung ab, so fällt der bisher während des Strafprozesses aufrechterhaltene Innendruck rapide. Die Schwerkräfte der verbleibenden Schuld lassen den Schuldigen von neuem und noch tiefer in sich zusammensinken. Immer noch schlimmere, immer noch persönlichere Geständnisse folgen. Jedoch erhöht dieser Verdichtungsvorgang zugleich die Sühnekonzentration, was zum alsbaldigen Wiedereinsetzen der Tilgung, des Schuldbrandes führt. Im Verlaufe etlicher Zyklen der Überschuldung und der Durchsühnung wird ein immer kompakterer, intensiverer Schuldner herausgebildet.

Aus dem Schuldigen ist ein Sünder geworden. Dieser Sünder ist es, der sich im Weiteren einer auch in göttlichen Maßstäben unerträglichen Qual zu unterziehen hat. Ab jetzt wird fortlaufend aus den Bestätigungen des anwesenden Zeugen zusätzliches Material beigefügt. Der Sünder gleißt nunmehr in seiner Sühne jenseits des Lichts.

Der Sternenofen-Prozeß mündet in seinen abschließenden Sühnekollaps. Eine letzte, längst bis zu zahlloser Unkenntlichkeit, zu wahlloser Unendlichkeit verdichte Sünde rast als transluzide Stoßwelle auf das Zentrum, auf den Wesenskern zu. Doch quantenlogische Entartung, göttlicher Funke oder auch schwebender Geist machen den letzten, den kompaktesten, intensivsten Rest des Sünders inkompressibel. Die Implosion des Individuums wird schlagartig gestoppt. Mehr noch: sie prallt ab. Potenziert durch in solcher Chaotie der Kräfte wunderhaft einsetzende Buße wandelt sie sich zu ihrem Gegenteil. Alle Schuld und auch die schlimmste Sünde werden zerrissen und hinfortgeschleudert. Alle Schuld und auch die schlimmste Sünde haben sich in vollkommene Unschuld verkehrt.

Das Böse war derart böse, daß es durch sich selbst zugrunde ging. Das Gute ist jetzt so vollkommen gut, daß es aus sich selbst heraus geschieht. Die Causa ist an ihr Ende gelangt.

Kap 3

Schattenscharte

Die Schattenscharte ist der fremdeste, der fernste aller Orte. Die Schattenscharte ist ein letzter Zufall, ein singulärer Abbruch des Universums. Dessen unbekannter, unbenannter, dessen einzig unbezeugter Punkt. Manch Phantastisch Reisender vermutet in ihm das Ende aller Koordinatenkreuze. Andere bereits ein Jenseits jeglichen Randes. Wollen wir also davon ausgehen, daß die Schattenscharte irgendwo dazwischen liegt.

Dort, in der Schattenscharte, kauert sie. Kniet sie, die Unberührbare, in sich zusammengesunken. Sie, welche absolute Einsamkeit, welche völlige Verrücktheit auf sich genommen. Völlige Verrücktheit von Allen. Für Alle. Die Verrufene schweigt. Die Vertriebene ruht. Sie, die total Abwesende, sie ist die Eine. Einzige. Sie ist ganz und gar allein. Seit Ewigkeiten.

Nein! Nein und nochmals Nein!

In der Schattenscharte wächst kein Halm, kriecht kein Käfer. Weht kein Lüftchen, sammelt sich kein Staub. Nur sie kauert dort. Die von allen Geschiedene. Die von allen Verworfene. In völlige Verrücktheit. In absolute Einsamkeit.

Nein! Nein und nochmals Nein!

Ich habe mich entschieden. Ich bin in den Sternenofen gestiegen. Ich bin an die Kante der Schattenscharte gelangt. Ich harre über der Tiefe. Beuge mich hinunter. Ich spüre das ganz Andere. Fühle das ganz Eigene. Ich starre in die Finsternis.

Nein! Nein und nochmals Nein!

Die Göttin taucht empor. Tanzt wie eine Perle. Einsamkeit um Einsamkeit streift sie von sich ab, Verrücktheit um Verrücktheit. Die Göttin steigt hinauf zum Licht. Sie lächelt und blinzelt. Sie winkt.

Ich lächle und blinke. Ich bin das Licht. Licht und nochmals Licht. Ich sinke. Sie fängt mich auf.

Nychts und Njchts. Gott und Göttin. Wir sind vereint.

Kap 4

Paradies

Jedes Wesen, welches denn wahrhaft gewesen, jede Person gänzlich vom Urwort durchströmt, jeder Gott und jede Göttin erwachen im Paradies. Sofern sie das wünschen. Das Paradies ist kein Traum. Es ist kein Märchen, keine Projektion und kein Urzustand. Das Paradies ist ein Ort. Das Paradies ist die Mitte des Universums. Um es genauer zu formulieren: Aus der Mitte des Paradieses entspringt unser Universum. Und es ist tatsächlich eine Quelle. Eine Weiße Quelle. Und es ist natürlich ein Heiligtum. Das allerheiligste Heiligtum des Weltalls. Niemand wohnt dort. Nichts passiert dort. Gott und Göttin, dann Nychts und Njchts, werden dort, werden darin ihre letzte Wandlung durchschweben. Hinein in Nchts. Hindurch als Nchts.

Im Paradies verweilt ein jedes Wesen, solange es dies möchte. Der Aufenthalt dort ist der Vermählung und dem gemeinsamen Abschied gewidmet. Nychts und Njchts, Gott und Göttin gehen aufeinander, gehen ineinander ein. Suchen sich zusammen. Finden sich zusammen. Der Aufenthalt im Paradies ist der Berufung und der Vorbereitung gewidmet. Kein Wesen will hier kämpfen. Keines streiten und betrügen. Hier betrachten Nychts und Njchts in Wahrheit. Und es wird verstanden. Hier handeln Nychts und Njchts in Freiheit. Und es wird gelingen. Hier teilen Njchts und Nychts in Schönheit. Und es wird ergänzt. Hier erstreben Nychts und Njchts das eine, einzige, das ewige Gute. Und es wird erreicht. Es wird erfüllt.

Nchts st ncht Nchts.

Zeiten und Ewigkeiten dürfen Gott und Göttin im Paradies verstreichen lassen. Sie sollen ihren letzten Schritt genießen.

*

Gott und Göttin, alles Ich und alles Du, vielmehr noch: Nychts und Njchts sind jetzt beisammen. Unser aller Ewigkeit, Nchts hebt an.

Wir beide wissen: Ich bin nicht ich, sondern Du. Du bist nicht du, sondern Ich. Schöpfer ist nicht Schöpfer. Sondern Geschöpf. Und das Geschöpf, es ist nicht Geschöpf. Sondern Schöpfer.

Njchts ist njcht Njchts. Sondern Nychts. Nychts ist nycht Nychts. Sondern Njchts. Und gemeinsam, als Ein und Alles, als Nein, als Nein und nochmals Nein wollen wir auch darüber noch hinaus. Hinein ins Nchts. Hindurch.

Himmel wölbt sich über die Urflut. Endlos hoher, strahlend heller Himmel. Über anfanglos tiefe, spiegelglatte Flut. Finsternis hat sich auseinandergestoben. Eingewoben, eingewogen in das aufscheinende Land. Die Welt ist ganz weit und breit geworden. Der schwebende Geist, er findet jetzt Halt. Er rastet. Er ruht. Sammelt Kraft für seinen allerletzten Flug, den wahrsten, freiesten, den schönsten seiner Züge. Über Nichts und Njchts und Nychts und alle Unvorstellbarkeiten noch unvorstellbar weit hinaus. Hinein ins Nchts. Hindurch.

 

 

Kap 5

Sinn des Lebens

Um uns einer Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Lebens zu nähern, sollten wir uns Klarheit darüber verschaffen, welcher als der wichtigste Augenblick im Leben eines Menschen festgestellt, welcher als der Alles entscheidende Moment seiner Existenz bewertet werden kann. Wir schlagen hierfür den allerletzten Augenblick, den allerletzten Moment im Leben eines Menschen vor. Das Ende, erst das Ende gewichtet, entscheidet das gesamte Leben. Wer sich während des Sterbens vor dem Kommenden fürchtet, der hat sein Leben vertan. Ein ganzes Dasein hatte man Zeit, sich einen Weg ins Paradies auszumalen. Seinen Weg ins Paradies. Ins Paradies und noch unendlich weiter darüber hinaus.

Wer darauf besteht, da komme Nichts nach seinem Tod, der wird ins Nichts zurückkehren.

Wer meint, da komme Irgendetwas nach seinem Tod, der wird im Irgendetwas erwachen.

Wer hofft, ein Jenseits erschaffen zu dürfen, der wird sich darin bestätigt finden.

Teil III

(Kamingespräche)

Vorwort

Vor Stunden waren wir zusammengekommen. Hatten nach einer kurzen Begrüßung den Nachmittag im Arbeitszimmer verbracht. Wir saßen mit gestrecktem Rücken und zusammengekniffenen Brauen um den großen Schreibtisch herum. Damit beschäftigt, nun endlich eine langgehegte, jedoch noch immer vage Idee zumindest als Gedankenexperiment zu formulieren. Und uns natürlich sogleich an erste Folgerungen zu versuchen.

Als der Abend heranzog, begaben wir uns auf die Terrasse. Die Dame des Hauses hatte den Tisch mit Bedacht, hatte ihn mit einfachen, kräftigenden Leckereien gedeckt. Wir waren hungrig wie Löwen. Wir aßen und tranken uns satt. Wir genossen die Fülle. Wir lachten. Stupsten uns an. Wir beschlossen, jene während des Nachmittags errungenen Ergebnisse nunmehr zu genießen. Wir ließen unsere Blicke schweifen. Ließen unser Reden sprudeln. Fließen. Wir stießen an. Auf die Wahrheit! Auf die Freiheit! Auf die Schönheit! Wir hoben die Köpfe und sahen unser Reden in phantastischen Sprüngen bis zu den Sternen reisen und noch weiter darüber hinaus.

Nun sitzen wir am Kamin. Die schweren, breiten Sessel sind sehr bequem. Das Knistern der Flamme umstreichelt die Gemüter. Wir sind still und unsere Augenlider schwer geworden. Wir rauchen. Die Dame des Hauses hat Decken und Tee verteilt. Wir schauen ins Feuer. Wir schweigen. Folgen den flackernden Zungen. Sinken zufrieden in unsere Sessel. Wir lauschen. Lauschen in uns hinein. Durch uns hindurch. Wir lächeln. Schütteln ab und an sanft den Kopf. Wir wissen: mehr bleibt uns für diesmal nicht zu tun.

Kap 1

Buddha und mein Wille

Buddha hält fest, jedwediges Dasein, er stellt fest, Alles, was irgendwie ist, jede Form, jeder Stoff, jedes Ding, jede Existenz, jede Idee sei ausnahmslos und unabwendbar der Vergänglichkeit unterworfen. Diese grundsätzliche, diese allumfassende Vergänglichkeit veranlaßt Buddha, jedwediges Dasein mit Elend, Schmerz und Kummer gleichzusetzen. Zerfall bestimmt Alles. Zerfall vergiftet Alles. Sein als solches, insbesondere Leben, eben Alles und Jedes ist letztendlich nichts Anderes als Leid und Leiden. Buddha ernennt diese Erkenntnis zum obersten Prinzip seiner Lehre. Bespricht sie als Erste der Vier edlen Wahrheiten. Alles ist Leiden, denn Alles ist vergänglich. Darauf bestehen Buddha und dessen Anhänger als unverbrüchliches Fundament ihrer Welterklärung.

Unsere geneigte Leserschaft, sie möge schmunzeln. Sie kennt den nun folgenden Einwurf bereits. Denn sollte, wie Buddha postuliert, tatsächlich Alles vergänglich und leidhaft sein, dann müßte ja zuvörderst Buddhas Erste der Vier edlen Wahrheiten, müßte Buddhas Lehre selbst als explizit leidhaft und vergänglich verstanden werden. Und wer möchte schon einem solch unzulänglichen Axiom anhängen?

Wir wollen aber nicht versäumen, auf ein ernsthafteres Problem hinzuweisen, welches durch eine derartige Prinzipienlegung unmittelbar auftritt. Sollte tatsächlich rigeros Alles, was ist, letztendlich leidhaft und vergänglich sein, dann müßte dies nicht nur für Buddhas Lehre gelten sondern und gerade auch für das Gute selbst. Das Gute an sich müßte in seinem Wesen als leidhaft und vergänglich durchschaut werden. Damit wäre Alles verloren an eine vollendete Hölle. Voll und ganz. Durch und durch. Jeder vermeintliche Ausweg daraus entpuppte sich bloß als neuer Eingang. Wir kommen an dieser Stelle nicht umhin, Buddha eine gewisse Verblendung, einen Hauch von Gier, ein Quäntchen Haß zu unterstellen. Wie sonst hätte er es wagen sollen, nach solch einer desaströsen Vision mit der lebenslangen Beschreibung einer Lösung, gar der Entwicklung eines ausgeklügelten Systems fortzufahren? Hätte er sich nicht an jenem Baum, unter dem er später so lange saß, völlig verzweifelt erhängen müssen? Hätte er nicht zumindest aus Anstand und Rücksicht seine grauenhafte Erkenntnis verschweigen sollen? Oder hat Buddha sich etwa selbst nicht geglaubt?

Buddha benimmt sich als Erleuchteter. Doch das reicht ihm nicht. Buddha möchte mehr. Er, der Erleuchtete, er will selbst erleuchten.

*

Selbstverständlich könnten wir in wiederholter Reaktion, in schon vertrauter Retorsion sogleich anfügen, daß ja nach Buddhas Verständnis Leidhaftigkeit, also die Vergänglichkeit selbst unbedingt vergänglich zu sein hätte. Das Gute würde sich so irgendwann in seine, wie wir meinen, wohlverdiente Ewigkeit zurückretten. Doch auch hier wollen wir auf einen ernsthafteren Punkt hinweisen. Um uns verständlich zu machen, werden wir einen größeren Bogen schlagen. Über Buddha hinaus. Wir, laut Selbsterklärung geistbegabte Lebewesen, wir, die wir von Wahrheit, Freiheit und Schönheit zu sprechen in der Lage sind, wir als durch Erkenntnisfähigkeit und Tatkraft Gekrönte erklären: Selbst wenn Gott höchstpersönlich vor uns träte und offenbarte, jener Buddha sei im Recht, auch das Gute habe letztlich nicht den geringsten Wert, so würden wir nicht zögern, in Vollzug unseres ureigenen Willens auch Gott höchstpersönlich der Lüge zu zeihen. Und wir hätten Gott nicht nur zu widersprechen. Nein! Nein und nochmals Nein! Wir hätten den Betrüger auch durch Schrift und Tat zu widerlegen.

Doch Gott lügt nicht. Warum sollte er?

*

Wir suchen Buddha zu ergründen. Woher nur entstammt dessen abgrundtiefe Abneigung, dessen schiere Verachtung gegenüber dem Dasein? Dessen unsäglicher Verzicht auf jede Form von Hoffnung? Warum nur spuckt uns Buddha derart ins Gesicht? Solch ein allumfassendes, endgültiges Negieren jeglicher Wahrheit, Freiheit und Schönheit kann nicht auf Armut, kann unmöglich auf Mangel basieren. Auf dem Entbehren materieller oder verstandesbezüglicher Güter. Hier bleibt nur Überfluß und Überdruß als Ursache zu nennen. Buddha führt bis zu seiner Erweckung im Schlafgemach das feiste Leben eines Königssohns. Doch auch als Bekehrter, als sich ins Gegenteil Verkehrter vermag Buddha nur als Ästhet zu sehen. Buddha entbehrt der fröhlichen Verblendung durch die Hoffnung, des kindlichen Hasses auf das Böse, der unverblümten Gier nach dem Guten. Als Prinz war ihm Nichts verweigert worden. Als Erleuchteter will er es endlich haben. Selbst wenn dies uns alle die Welt und sogar noch das Gute kostet.

Die Ohnmacht des Königssohns der Weltordnung gegenüber, diese dreiste Zurücksetzung eines Vornehmsten durch das Dasein selbst verlangt Kompensation. Der junge Prinz ist solch achtlos auferlegte, solch schamlos aufgezwungene Schwäche nicht gewohnt. Der Kosmos, welcher da so respektlos unaufhaltsam zwischen den geballten Fäusten zerrinnt, er muß bestraft werden. Wahrheit, Freiheit, Schönheit, sie liegen Buddha zu Füßen. Doch der trampelt darauf herum wie ein jähzorniges Kind. Der Gekränkte will Vergeltung.

Buddha ist in seiner Verzweiflung noch brutaler, noch radikaler als Parmenides. Während dieser sich noch zornig an das Sein klammert und vor dem Nichts krampfhaft die Augen verschließt, so unternimmt es Buddha, er, der doch das Sein verkörpert, sich in einer völligen, in einer eiskalten Kehrtwende dem Sein zu verweigern und allein dem Nichts zu huldigen Doch auch Buddha dreht sich nur im Kreise. Sein Nichts läßt bloß ihn verschwinden. Nicht das Nichts selbst. Sein Nichts ist Leere. Nicht Überfülle.

*

Wir wollen uns nicht grämen ob Buddhas zutiefst niederschmetternden Weltverständnisses. Wir wissen um unser Vermögen, das Gute zu suchen. Wir glauben an unser Vermögen, das Gute zu finden. Das Gute zu erfinden. Wir wollen versuchen, Vertrauen zu haben in die Vergänglichkeit. Wir wollen uns der Hoffnung hingeben, daß auch Vergänglichkeit auf Gutem basiert. Und als solche noch vielmehr darauf besteht. Wir wollen Buddha entgegnen, daß uns Vergänglichkeit nicht zurückwirft. Nein, sie bringt uns weiter. Trägt uns weiter und näher an das Ziel heran. Tag für Tag. Stunde um Stunde.

Kap 2

Jahwe und die Ebenbilder

Der Gott des jüdischen Volkes ist der eine und alleinige Gott des jüdischen Volkes. Dennoch, Jahwe bleibt ein Gott neben Göttern anderer Völker. Nicht nur kanonische Schriften des jüdischen Volkes bestätigen die Existenz anderer Götter. Sogar das jüdische Volk selbst hängt nicht immer Jahwe an. Die Götter der Wüste, gemeinsam mit ihren Völkern, sie alle bekriegen, unterliegen, besiegen einander in schaurigen Schlachten. In stetem Wechsel. Man kämpft um Weideland und Wasserstellen. Raubt Frauen und andere Pretiosen. Ein jeder von ihnen, auch der Gott des jüdischen Volkes, beansprucht für sich, als Prächtigster der Götterliga zu gelten. Ein jeder wünscht, als Mächtigster verehrt zu werden. Doch an Allmacht eines Einzigen denkt keiner von ihnen. Jahwe und die anderen, als Götter der Wüste, als Götter trostloser Weiten haben sie die Unerträglichkeit bereits erfahren, derart einsam zu sein. Jahwe und die anderen Götter, keiner von ihnen strebt absolute Weltherrschaft an. Sie sind Götter des Blutes und des Bodens. Sie meiden es, in der Fremde zu regieren. Sie sehnen sich nach Heimstatt. Einem blühenden Oasenhain. Einem Tempel aus Stein.

Jahwe ist noch immer ein Gott der Fruchtbarkeit. Des Wachstums und des Wohlstands. Ihm obliegt es, Kind und Korn aufsprießen zu lassen. Ihm obliegt es, der Mütter und Erde kargen Schoß mit den reinen Wassern des Himmelsteiches zu besprenkeln. Ihm obliegt es, Opfer und Gebete seines Volkes entgegenzunehmen. Fett und vielfältig. Jahwe wandelt zwischen den heiligen Gipfeln. Wolkenumhüllt. Dem Himmel und seinen Wettern am Nächsten.

Jahwe ist noch immer ein Gott des Krieges. Ein Gott des Blutes und des Bodens. Des reinen Blutes und des heiligen Bodens. Jahwe ist noch immer ein eifersüchtiger Gott, welcher Anderes, welcher Fremdes zu verderben sucht. Ein aufbrausender, unduldsamer, ein maßlos strafender Gott. Eben erst aufsteigend, sich mehrend vom Totem eines Clans, vom Schutzgeist einer Sippschaft hin zum Gott eines Volkes, beweist sich Jahwe mehr als skrupellose denn als überzeugende Führungsgewalt. Jahwe streitet gegen andere Götter. Jahwe kämpft um ein eigenes Volk.

Der Gott des jüdischen Volkes ist noch immer ein Gott des wilden Geschreis. Lüfte erzittern, Erde erbebt. Es donnert, blitzt und raucht, es sterben Tiere und Menschen, wenn Jahwe spricht. Wenn Jahwe befiehlt. Der Gott des jüdischen Volkes ist noch immer ein Gott des heiseren Stöhnens. Es keucht und schwitzt und windet sich im Staub, es werden Wesen und Geister gezeugt, wenn Jahwe träumt. Wenn Jahwe lacht.

*

Moses muß diesen Gott bändigen. Moses, ein gewalttätiger, ein aufbrausender, unduldsamer, ein maßlos strafender Mensch. Moses ist von sich überzeugt. Er ist das Adoptivkind einer Pharaonentochter. So lassen ihn denn auch die heimischen, die ihm so fremden Götter gewähren. Er spürt es. Moses hat am Nil Karriere als Staatsdiener gemacht. Er kennt die Tricks. Und den Pharao. Er fühlt sich als Erwählter. Doch das reicht Moses nicht. Moses möchte mehr. Er, der Erwählte, er möchte jetzt selbst erwählen. Und Moses, einer Ebenbürtigkeit ganz sicher, erwählt sich einen, erwählt sich seinen Gott samt dessen Volke.

Während einer Pestepidemie hält Moses seine Chance für gekommen. Moses ruft die Männer, er rafft den Haufen seines Gottes zusammen. Moses fällt ab vom Pharao. Die Bande brandschatzt und plündert. Und wird vertrieben. Die anderen Götter lassen Jahwe ziehen. Moses flieht mit der Horde seines Gottes in die Wüste. In die Leere. In die Gestaltlosigkeit. In die Haltlosigkeit. Vierzig Jahre, eine halbe Ewigkeit werden sie darin krepieren.

Moses muß diesen Gott bändigen. Moses muß dieses Volk bändigen. Moses muß sich selbst bändigen. Moses muß dieser elenden Irrfahrt, diesem ungeheuerlichen Schlachten und Siechen, er muß diesem Wahnsinn ein Ende bereiten. Moses muß ihren aller Untergang verhindern.

Moses will nicht länger als Führer einer Räuberschar verrufen, sondern endlich als Begründer eines Staates, ja gar eines Himmelreiches besungen sein. Moses steigt den Berg hinauf. Er steht vor Gott. Er spricht zum Volke. Moses will keine heimlichen Schwüre, keine Verschwörungen mehr. Keine Hinterhalte, keine Machenschaften. Keine Erpressungen und Meuchelmorde. Er will keine Götzenbilder mehr und keine Lügengeschichten. Moses fordert einen Vertrag. Einen gültigen, einen erfüllbaren, einen einsehbaren, einen schriftlichen Vertrag. Moses fordert einen echten, einen ewigen Vertrag. Nicht auf losen Sand gekritzelt. Sondern in den Stein eines heiligen Berges gemeißelt.

Moses fordert Gerechtigkeit. Gesetz und Gebot. Vernunft und Verbindlichkeit. Moses fordert einen unverbrüchlichen Bund.

*

Jesus wird auf mehr Phantasie bestehen. Auf mehr Innerlichkeit. Auf mehr Innigkeit. Er wird auf absoluter Identität bestehen und darin bis zum Alleräußersten gehen. Und dies auch von seinem Gott verlangen. Der Gott des galiläischen Mannes soll sich als ein Gott der Liebe beweisen. Des Geschenkes und der Gnade. Des Vergebens und der Selbstvergabe. Der Gott des galiläischen Mannes soll sich nicht hinter Reichtum, Reinheit und Ritual verstecken. Im Herzen Jesu soll er wohnen, als Vater. Keiner muß kommen. Jeder ist da. Jesus nennt sich einen Erlösten. Doch das reicht ihm nicht. Jesus möchte mehr. Er, der Erlöste, er will selbst erlösen.

Ein anderer Jesus, ein gepfählter, ein sterbender Jesus, er glaubt nicht mehr. Er betet nicht mehr. Jener Jesus bittet nur noch, daß ein allmächtiger Vater ihn vom Kreuze nimmt. Doch kein Wölkchen bewegt sich. Kein Himmel zerbricht. Jesus stirbt. Gott ist tot.

Kap 3

Unbekannter Mohammed

Mohammed ist ein einfacher Mensch. Sein Gott soll noch einfacher sein. Ohne Sohn. Ohne Geist. Mohammed ist ein einsamer Mensch. Sein Gott soll noch einsamer sein. Ohne einen einzigen anderen neben sich. Mohammed ist sich ein Rätsel. Sein Gott soll noch rätselhafter sein. Ohne Bild. Ohne Namen.

Mohammed erträumt sich als Bekehrter. Doch das reicht ihm nicht. Mohammed möchte mehr. Er, der Bekehrte, er muß selbst bekehren.

*

Mohammed träumt keinen gerechten Bund mit Gott. Keinen engsten Verwandtschaftsgrad. Solch Deutung erscheint ihm als geradezu teuflische Anmaßung. Gott ist der Einfache, Einsame, der Rätselhafte. Allerschaffer, Allerhalter, Allzerstörer. Mehr bleibt dem Menschen in seiner Einsichtsfähigkeit nicht zu verstehen. Mehr muß, mehr darf der Mensch in seinem Willen zur Erkenntnis nicht erfahren. Jedes Unternehmen, Gott darüber hinaus zu bestimmen, ist im besten Falle Weibergeschwätz, im schlimmsten Götzendienst. Ist in jedem Falle lästerliches Hirngespinst.

Mohammed träumt keinen einsehbaren Bund mit Gott. Kein liebendes Band. Mohammed vermeint, dem Einfachen, Einsamen, dem Rätselhaften gebühre ausschließlich und unbedingt eines: das reine, das lebendige Bekenntnis.

Das stille Bekenntnis an den einzelnen Menschen. An den einfachen und einsamen, den rätselhaften Menschen. Zuerst das innere Bekenntnis: Ganz für sich. Fünf Mal am Tag. Dann das äußere Bekenntnis: Ganz für den Anderen, als schweigend vollzogenes Almosen.

Das laute Bekenntnis an die Menschheit. An die einfache, einsame, an die rätselhafte Menschheit. Zuerst das innere Bekenntnis: Ganz für die Seinen, die Gemeinschaft. Man fastet und feiert einen Monat lang. Dann das äußere Bekenntnis: Ganz allein für die Welt, als Reise in Rezitation.

Mohammeds Bekenntnis soll mehr sein als ein Bekenntnis bloßer Worte. Mohammed muß sich als totale Bekehrung ereignen. Mit Haut und Haaren. Mit Leib und Seele. Dies darf kein einmaliges, vielleicht nur vorläufiges oder gar vorübergehendes, es darf kein intellektuelles Bekenntnis sein. Es kann nur als ständiges, sich unaufhörlich in seiner Bekehrung vollziehendes Bekehren erfolgen. Im Bekenntnis wandelt, übersteigt sich Mohammed zum Propheten Gottes. Ein Leben lang. In alle Ewigkeit.

*

Der einfache, einsame, der rätselhafte Gott, er überläßt Lehre, Gesetz und Liebe dem Traum des Propheten. Er selbst gewährt nur Gunst oder Ungunst. Erteilt nur Gnade oder Ungnade.

Wer dem Propheten nicht folgt, der folgt auch nicht seinem Gott. Wer seinem Gott nicht folgt, der folgt keinem Gott. Und wer keinem Gott folgt, der kann kein Mensch sein.

Mohammed ist sich jetzt sicher: Der letzte Prophet muß Teufel bekehren.

Teil IV

Nachwort

Wir steigen die Treppe zu unseren Schlafgemächern hinauf. Wir verabschieden uns voneinander mit Glückwünschen und Grüßen. Verabschieden uns voneinander im Vertrauen auf ein baldiges Wiedersehen. Wir schließen die Türen hinter uns. Wir fühlen uns so wunderbar müde. Fühlen uns so herrlich leer. Gähnend danken wir Göttern, Geistern und allen Gestalten für diesen gelungenen Tag. Wir begeben uns zu Bett. Kühles Mondlicht, schwelend und schimmernd, schwappt durch die geöffneten Fenster. Wir graben uns tief ein ins daunenweiche Lager. Die dunkle Nacht und ihre funkelnden Sterne, sie sollen jetzt atmen für uns.

Der Kopf wird leicht und seine Räume wieder weit. Muskeln werden weich und glatt. Jedes Schwere und Verquere, das Grelle, Schnelle der angestrengten Tat, all deren Enge und Gemenge, es hat sich aufgelöst. Erinnerungen, hauchdünne Fäden, lose Reste zwischen den Augen, als ein letztes Schmunzeln verschwirren und verschweben sie. Es bleibt das Heilige, welches über den Tiefen die Finsternis durchstrebt.

So lange waren wir Träumer ohne zu träumen. Jetzt wollen wir Denker sein. Denker ohne zu denken.

Kap 1

Ich und Gott

Ein echter Gott mag sich mir preisgeben als Einer, Einziger, als der durch Nichts und Niemand Erschaffene. Als einsamer Schöpfer oder allwissender Zeuge. Als namenlos Herrschender oder innerste Herzensflamme. Gottes Amt mag ewig, er selbst gestorben sein.

Ein echter Gott ist in jedem Falle Gott eines geistbegabten, mit den Potenzen Wahrheit, Freiheit und Schönheit versorgten Lebewesens. Stünden Gott nur Algorhythmen und Automaten, nur Teile und Mechanik gegenüber, so dürfte er nicht mehr verlangen als einen reibungslosen Ablauf der Dinge. Und diese Forderung müßte ausschließlich an ihn selbst gerichtet sein. Solch ein Gott wäre nicht mehr als ein auf technische Effizienz verpflichteter Verwalter. Solch ein Gott wäre vor allem der eine und einzige Verantwortliche.

Ein echter Gott ist nicht Gott der Einfältigen. Der Sprachlosen. Der Formlosen. Er ist kein Gott der Gehaltlosen, Gewaltlosen, Gestaltlosen. Er ist kein Gott der Verantwortungslosen.  Er ist kein Gott zusammengetriebener Schafe. Ein echter Gott ist Gott der Kinder, die fragen, die garnicht aufhören sollen zu fragen: Wieso? Warum? Wozu? Die garnicht aufhören können zu lernen. Die garnicht aufhören wollen zu werden. Ein echter Gott ist ein Gott des Spiels und der Phantasie. Des Zeichens und der Idee. Ein Gott des Wohlklangs. Des Mutes und der Harmonie. Nicht des Kriegs und des Geschreis. Nicht des Wahns und der Wut. Gott will keine Flut der Dummen. Er will den Regen des Genies. Tropfen für Tropfen. Gott hofft nicht auf eine Masse, die nach einem Erlöser greint. Gott wünscht sich Erlöste. Wünscht sich Selbsterlösende, welche in ihrer Tatsächlichkeit auch Gott erlösen. Wünscht sich Selbsterwählende, Selbstbekehrende, welche in ihrer Daseinsdichte, in ihrer Daseinsverdichtung auch noch Gott erwählen. Gott bekehren. Ein echter Gott will das Wunder glauben, daß das Gute sogar noch besser sein kann als Gott. Ein echter Gott muß das vollkommen Unmögliche wollen. Einen echten Gott hat es nach einem noch vollkommeneren Gott als den vollkommenen Gott zu dürsten. In Wirklichkeit. In Ewigkeit. Allein aus Prinzip.

Einen echten Gott verlangt es nach einer Person. Einer Existenz, die er als Wort durchdringen, die er als Gedanke durchtönen kann. Einen echten Gott verlangt es nach einem Verstand, der das Göttliche zu fassen vermag. Gott verlangt es nach einem Wesen, welches sich des Gottesamtes würdig erweist. Ein echter Gott möchte nicht umsonst Gott gewesen sein. Er möchte mehr als ein bloßes Ebenbild. Gott vertraut auf seinen ureigenen Willen. Seinen unbedingten Willen zum absoluten Wunder. So unglaublich wahr ist Gott. Er bekennt sich als in Liebe Sterbender. So unglaublich frei ist Gott. Gott erwartet Nachwuchs. Erlaubt Nachfolge. So unglaublich schön ist Gott.

Ein echter Gott, als Einer und Einziger, spricht immer den Einzelnen an. Er wendet sich nicht an uns. Er wendet sich stets an Dich und mich. Ein echter Gott ist kein Gott eines Phänomens oder eines Landstrichs. Genauso wenig ist er Gott eines Volkes, eines Clans oder einer Gruppe. Er ist Gott des Einzigartigen. Jedes einzelnen Einzigartigen. Er ist Gott des Individuums. Ein echter Gott ist immer ein ganz persönlicher Gott. Gott ist mein Du. Gott ist Dein Ich.

Ein echter Gott möchte behandelt werden. Verwandelt. Von Dir und mir. Vom Einzelnen. Er möchte von jedem einzelnen geistbegabten Wesen durchschaut, er möchte von Dir und mir überstiegen werden. Ein Wir wiegt Gott zu wenig. Gott will mit Dir und mir über uns alle hinaus.

*

Das Gute ist das vereinigende Band. Das unbeschreibliche, unantastbare, das wundervolle Gute. Das Band der Wahrheit, Freiheit und Schönheit. In diesem Guten kommen alle Götter, Geister und Gestalten überein. Dieses Gute besteht schon vor dem voranfänglichen Nichts. Dieses Gute ist noch zu gut, um Schlechtes von Gutem zu trennen. Dieses Gute ist das vereinigende Band.

Religion soll uns Poesie des Guten sein. Soll uns Garant des Guten, soll Garant seiner Vielfalt sein. Nur einem religiösen Wesen gelingt es, sich in seiner Tatsächlichkeit, in seiner Wirklichkeit, in seiner Einzigartigkeit nicht zu verlieren, sondern sich darin als grenzenlos unabhängig zu erfahren. Ein religiöses Wesen nimmt den höchstmöglichen Standpunkt ein. Ein religiöses Wesen schwebt noch über der Finsternis. Alles andere wäre Selbsterniedrigung.

*

Gott ist nicht mein Vater oder mein Herr. Gott ist mein Freund und Bruder. Ein mächtiger Bruder, wohl wahr, und ein vielbeschäftigter Freund. Ich ehre Gott. Vielleicht vermag ich sogar für ihn zu sterben. Aber ich werfe mich nicht vor meinem Freund und Bruder in den Staub. Wir blicken uns in die Augen. Auch Gott möchte das so.

Kap 2

Götter und ich

Wer Gebete spricht, die Bhagavad Gita liest, eine persönliche Gottheit verehrt, die Silbe Om verwendet und das Kraut Tulsi anbaut, der darf sich ‚Hindu’ nennen.

Wir wollen jene Formel, welche die mannegfaltigen Religionen entlang des Indus zusammenzufassen versucht, für unseren Gebrauch etwas verallgemeinern:

Wer das Heilige kennt, wer es studiert, wer es anspricht und es ausspricht, wer das Heilige fördert und mehrt, der allein ist als Lebendiger zu Gange. Der ist es, welcher am Fluß des Lebens Heimstatt hält.

Das Heilige besteht im Willen zum Guten. Das Heilige erhebt sich im Willen zum Guten. Der Wille zum Guten, Heiliger Geist, er heilt den Wollenden. Der Wille zum Guten, Heilige Quelle, sie verschwendet das Gewollte. Der Wille zum Guten, Heiliges Kind, es ist nicht so alt, aber dennoch so ewig wie das Gute selbst.

Wer das Gute in sich erahnt, wer dem Fünklein nachspürt, wer ihn sich zu eigen macht, ihn zum Glühen, gar zum Lodern bringt, wer als Licht den Elementen zu leuchten wagt, der ist als Heiliger zu Werke. Der ist es, welcher im Fluß des Lebens zu baden pflegt.

Kap 3

Ding und Denken

Ein alter Tisch mag einem jungen erzählen: Gott schöpft Himmel und Erde. Das Licht, das Meer, die Kontinente. Gott schöpft Pflanzen und Tiere. Das Universum, die Welt. Gott schöpft alles Mögliche und Unmögliche. Und dann erschafft Gott einen Tisch. Und Gott sieht, daß es sich an diesem Tisch gut zu sitzen beliebt. Doch sooft Gott nun auch seine Füße darunterschlägt, dieser Tisch bleibt der einzige Tisch im Paradies. Dieser Tisch bleibt ein einsamer, ein trauriger Tisch.

Und Gott, selbst ein einziger, einsamer, ein trauriger Gott, er versteht den Tisch. Darum, noch an eben jenem Tische sitzend, formt Gott den Menschen. Greift nach einer Handvoll Staub und spuckt hinein. Formt den Menschen und treibt, er wirft ihn hinaus in die Welt. Und der Tisch sieht, daß Gottes Werk gut ist. Denn von nun an werden immer mehr Tische. Der Mensch folgt seiner Bestimmung. Der Mensch erfüllt seine Pflicht. Bald stehen überall Tische. Selbst noch in Tiefseebunkern und Weltraumstationen. Der Mensch ist ein unermüdlicher Diener. Er tut alles für Gott und Tisch.

Ein etwas modernerer Tisch, einer, der Aufklärung für sich in Anspruch nimmt, der es mithin wagt, selbständig als Tisch zu denken, er mag eher dem Evolutionsgedanken anhängen. Er mag auf seinesgleichen Frage hin bestätigen: Die ersten Tische traten lange vor dem Menschen auf. Anfangs waren dies unregelmäßige, unklare Erscheinungen, natürliche Übergänge noch, womöglich gar nur Zufälligkeiten. Bloße Brüche und Verwerfungen. Sie traten auf und versanken. Als unbekannte Einzelstücke. Ohne Vermehrungsrate. Erst seitdem Tische begannen, externes Gewebe, eine Art außenorganische Struktur zur Reproduktion zu erschließen, erst seitdem Tische damit begannen, jene Tische fabrizierende Menschheit herauszubilden, kann von einer kontinuierlichen, von einer bewußt geführten Weiterentwicklung gesprochen werden. Wann und wie genau dieser Wandel geschah von passivem Sich-geschehen-lassen der Tische hin zu deren aktiven Selbstentwurf durch Entwicklung und Einsatz eines selbsttätigen Werkzeugs, darauf eine Antwort zu finden, muß der moderne Tisch aufgrund noch mangelnder Faktenlage zukünftigen Generationen überlassen. Dennoch darf kein Zweifel daran bestehen, daß der Wesensvollzug eines Tisches als der bisher wohl intelligenteste im bekannten Kosmos zu gelten hat. Dem Tisch ist es gelungen, alle Lebenslast, alle Lebenslüge abzustreifen, abzulegen. Allen Fluch und alle Schuld abzugeben. An die Tischler. Die Zimmermänner. An all die Söhne des einzigen Gottes. Selbst der modernste Tisch ist in diesem Zusammenhang geneigt, als Hintergrund seines Erfolgs schicksalhafte Gnade oder auch Vorsehung zu akzeptieren.

*

Jedes Ding, welches denkt, darf denken, daß jedes Ding denkt.

Jedes Ding, welches lebt, kann erleben, daß jedes Ding lebt.

Jedes Ding, welches liebt, soll lieben, daß jedes Ding liebt.

Jedes Ding, welches vernichtet, muß vernichten, daß jedes Ding vernichtet.

Kap 4

 

Dank

Unsere verbliebenen Leser, jeder einzelne von Euch ist hiermit Zeuge. Wir haben unser Büchlein über das Nichts zuendegebracht. Wie uns aufgetragen, wurden der Himmlischen Bibliothek ein paar Blätter hinzugesellt. Wie uns aufgetragen, haben wir geschrieben, damit es geschrieben steht.

Unsere geneigten Leser, jeder einzelne von Euch, so schmunzelt! Denn selbst, wenn einer noch fragt. Was verbleibt uns jetzt zu sagen? Doch nur noch…

Nichts.

Nachtrag

(Gedankensplitter)

Kap 0

N‘ich‘ts

Jenseits jedes Anfangs von Allem, auch jenseits jeder Unendlichkeit des Vielen, jeder Vergänglichkeit des Anderen, insbesondere jenseits jeder Ewigkeit des Einen existiert Nichts. Ganz und gar. Absolut und vollkommen. Dieses Nichts ereignet, es vollzieht sich. Dieses Nichts geschieht. Durch sich selbst. In und aus und an sich selbst. Dieses Nichts nichtet. Selbst und sich. Vollkommen und absolut. Ganz und gar. Nichts nichtet sich selbst. Darum entsteht Alles. Deshalb erscheint jedes unendlich Viele. Jedes vergänglich Andere. Daraus erweist sich das ewig Eine.

Nichts nichtet sich. Nichts läßt Sein sein.

Diesseits jedes Anfangs von Allem, auch diesseits jeder Unendlichkeit des Vielen, jeder Vergänglichkeit des Anderen, insbesondere diesseits jeder Ewigkeit des Einen existiere ich. Ganz und gar. Absolut und vollkommen. Ich ereigne, ich vollziehe mich. Ich geschehe. Durch mich selbst. In und aus und an mir selbst. Ich schaffe, ich dichte und lichte, ich sichte und richte mich selbst. Dafür entsteht Alles. Dazu erscheint jedes unendlich Viele. Jedes vergänglich Andere. Darin beweist sich das ewig Eine.

Nichts nichtet sich. Nichts läßt mich sein.

Ist das nun gut oder böse?

Kap 1

Perfectum

Das Voranfängliche, jenes Einzig und Alleinige, welches Alles, Vieles, das Eine und jedes Andere, welches Weiten und Welten, Weisen voller Götter und Heldenreisen entstehen läßt, jenes Keinzige, es kann nur vollkommen sein.

Vor dem Anfang existiert einzig und allein das Voranfängliche. Träte nun das Voranfängliche nicht als Vollkommenes, sondern vielmehr als Mangelhaftes auf – wo sollte das Fehlende zu finden sein? Etwa außerhalb des einzig und allein als Voranfängliches Existierenden?

Das kann nicht ernsthaft behauptet werden. Schließlich gibt es da nicht den mindesten Platz außerhalb eines einzig und allein Existierenden. Es gibt überhaupt kein Außerhalb eines einzig und allein Existierenden.

Das voranfänglich Mangelhafte müßte diesen Platz, den Raum für das Fehlende erst schaffen. Was bei der unterstellten Mangelhaftigkeit kaum erfolgversprechend erscheint. Zudem müßte jenes Mangelhafte nicht nur Platz für das Fehlende, sondern zudem das Fehlende selbst hervorbringen. Auch wenn dies gelänge, so wäre doch damit das Fehlende als niemals Fehlendes, sondern immer schon Verfügbares erwiesen.

Träte das Voranfängliche als Mangelhaftes auf – wo also sollte das Fehlende sonst zu suchen sein? Gar etwa innerhalb des Mangelhaften?

Auch das wäre vergebliche Mühe. Denn befände sich das Fehlende innerhalb des Mangelhaften, bestünde eben jenes wohl als Verborgenes, aber gewiß nicht als Fehlendes. Auch in diesem Falle würde immer schon Verfügbares zuhanden kommen, niemals jedoch Fehlendes. Auch in diesem Falle wäre jenes Mangelhafte mitnichten Mangelhaftes.

Das Voranfängliche, jenes Einzig und Alleinige, welches Alles, Vieles, das Eine und jedes Andere, welches Welten und Weiten voller Götter und Heldenweisen entstehen läßt, jenes Keinzige, es kann nur vollkommen sein.

Kap 2

Imperfectum

Manche sagen, das Voranfängliche sei absoluter, sei vollkommener Mangel. Ein Mangel also, welcher vor allem seiner selbst ermangelt. Ein Mangel, dem es an Mangel mangelt. Jene meinen, das Voranfängliche sei absolut vollkommener, sei mithin Nichts als Wille. Ein Wille, welcher vor allem sich selbst will. Ein Wille also, der das Wollen will. Sie lehren dann, alles sei möglich, ganz egal was. Alles sei schaffbar. Wenn der Wollende nur wirklich, nur tatsächlich wolle. Er ist er, wenn er wird, was er schon immer war.

Manche erkennen dann, das Voranfängliche, der Ur- und Ungrund unserer Welt ist nicht als Mangel, sondern vielmehr als absolute, vollkommene Freiheit zu kennzeichnen. Eine Freiheit, welche vor allem sich selbst befreit. Eine Freiheit also, die Freiheit befreit. Jene raunen, damit sei das Voranfängliche absolut vollkommene, sei mithin Nichts als Wahrheit. Eine Wahrheit, welche vor allem sich selbst, die Wahrheit bewahrheitet. Sie staunen: Freiheit besteht nur dann als Freiheit, wenn sie sich zu Wahrheit verdichtet. Wahrheit besteht nur dann als Freiheit, wenn sie Ich belichtet. Wahrheit besteht nur dann als Wahrheit, wenn sie sich aus Schönheit errichtet. Schönheit besteht nur dann als Schönheit, wenn Ich als Wir verzichtet.

Manche lächeln dann. Sie haben ein Leben, welches ein einziges, ein einzigartiges Leben lebt. Also wollen sie einen Tod, welcher jeden Tod tötet.

Kap 3

Praesens

Es wird viel von Freiheit, Wahrheit und Schönheit geschrieben.

Unternehmen wir nun, das Freie unseres Wesens aufs Äußerste zu strapazieren. Wir mutmaßen, jenes Voranfängliche, es sei böse. Es sei das Böse schlechthin. Das ganz und gar, das absolut und vollkommen Böse.

Wir wagen die Frage: Hat eben dieses Böse die Weiten und Welten unseres Universums, all sein Abhalten und Aufgeben hervorgehen lassen?
Nutzen wir zudem das Wahre, welches unserem Wesen innewohnt, so melden sich sogleich Zweifel an. Wäre das voranfängliche, absolut und vollkommen Böse denn in der Lage, wäre es bereit oder überhaupt willens, Alles und Jedes, mithin Weiten und Welten ins Sein zu entlassen?
Jenes voranfänglich Böse, das ganz und gar, absolut und vollkommen Böse, es wäre das Böseste, über welches hinaus gerade dem Bösesten kein Böseres je zu schaffen gelänge. Jedes durch das Böseste hervorgebrachte Böse hätte weniger, also nur noch relativ und unvollkommen böse zu sein. Das Böseste hätte durch seine Schöpfertätigkeit den Keim des Guten gesetzt und den eigenen Untergang festgeschrieben. Sollte das Böseste dazu tatsächlich willens, bereit oder in der Lage sein? Sollte selbst das Böse schlechthin derart gut sein?

Wir halten fest: Hätte das Voranfängliche als Böses das Sein ins Werk gesetzt, so wäre damit die Nichtnis das Bösen erwiesen und seine Nichtung unwiderruflich besiegelt.

*

Absolut vollkommen Böses kann nicht weniger Böses wollen. Es will nicht weniger Böses können. Denn dann wäre es nicht das absolute und vollkommene Böse. Das Böseste verachtet weniger Böses. Bekämpft, zermalmt es. Das Böseste verhindert weniger Böses. Das Böseste setzt erst garkein weniger Böses ins Werk. Dazu ist das Böseste zu böse. Das Böseste vermag nur sich selbst zu wollen. Bösestes erschafft kein Universum, in welchem weniger Böses als das Böseste selbst existiert.

Dennoch geschieht da mindestens eine, nämlich Meine Schöpfung, worin unzweifelhaft weniger Böses als das Böseste sich verhält.

Das voranfängliche, absolut und vollkommen Böse wird erst das, was es ist, wenn es gerade und genau kein Sein werden läßt. Das Böse schlechthin ist Nichts, welches nicht nichtet. Weder selbst noch sich. Das Böse schlechthin bleibt Nichts. Unwesentliches Nichts. Unvermögend und unwirksam. Das Böse schlechthin, es existiert nicht.

Das Voranfängliche, jenes Einzig und Alleinige, welches Alles, Vieles, das Eine und jedes Andere, welches Welten und Weiten voller Götter und Heldenweisen entstehen läßt, jenes Keinzige, absolut und vollkommen, es kann nicht böse sein.

Kap 4

Plus quam perfectum

Könnte voranfänglich Böses, ein absolut und vollkommen Böses, könnte Bösestes schlechthin nur dann eben jenes Böse sein, wenn es ihm gelänge, als absolut und vollkommen Böses noch Böseres hervorzubringen?

Böses schlechthin ist auschließlich böse. Erschaffte nun ausschließlich Böses noch Böseres, dann existierte insgesamt vollkommen Böses und noch Böseres. Wenn da aber vollkommen Böses und noch Böseres existierte, müßte das Böse sich, eben gerade weil es vollkommen und absolut, weil es ausschließlich böse ist, auch und besonders böse gegenüber dem noch Böseren verhalten. Vollkommen Böses darf noch Böseres nicht schützen, fördern oder ehren. Schließlich träte in derartigem Handeln letztlich gar Liebe zutage. Absolut Böses hätte noch Böseres zu hassen und ihm schaden zu wollen. Muß jedoch vollkommen Böses noch Böseres bekämpfen, so kann es als Böses nur schwerlich vollkommen sein. Böses, welches noch Böseres bekämpft, mag böse sein, doch sicherlich nicht absolut böse. Ein paar Sämlinge Gutes, gar schon dessen zarter Wuchs würden in solchem Tun zu finden sein.

Absolut und vollkommen Böses schöpft nicht. Kein weniger Böses. Und kein noch Böseres. Es verharrt in sich. Gedankenlos. Tatenlos. Und das ist gut so. Und selbst das ist gut so.

Besser noch: Böses muß böse sein. Gäbe es nur Böses, müßte Böses zu Bösem böse sein. Und das hieße: Alles wird gut.

Kap 5

Futurum

Wir genießen das Schöne, welches auch unser Wesen durchstrahlt, und lauschen: Nein! Nein und nochmals nein! Das Gute ist es, welches als das Voranfängliche zu Ehren kommt. Das ganz und gar Gute. Das Beste. Das Beste und Wunderbarste, weil über das Beste hinaus noch Besseres entstehen soll, entstehen kann und auch unbedingt entstehen wird. Nur das allein kann Bestes sein, wenn allem Widerspruch zum Trotze eben dieses Beste es zuwege bringt, daß irgendwo, irgendwie, irgendwann sogar noch Besseres als das Beste sich erhebt. Bestes ist überhaupt nur dann Bestes, wenn es zu noch Besserem führt.

Jenes voranfänglich Gute, jenes ganz und gar, absolut und vollkommen Gute, es ist nicht nur gut. Es ist das Beste. Es ist das Beste, worüber hinaus wir kein Besseres zu verlangen verstehen.

Voranfänglich Gutes, ganz und gar, absolut und vollkommen Bestes erweist sich als auf wirklich beste Weise gut, indem es jenem Besten tatsächlich gelingt, noch weitaus Besseres als das absolut und vollkommen Beste selbst hervorzubringen. Besseres als das Beste, über welches hinaus Besseres nicht mehr verlangt, sondern nur noch geschenkt werden kann.
Wir gratulieren uns: Das Böse ist durch sich selbst zum Untergang verdammt. Das Gute, das absolut und vollkommen Beste ist durch sich selbst ungeahnt Besserem geweiht. Unendlich Besserem als das Beste überhaupt. Jedem Wesen ist dieses göttliche Funkenspiel gegeben. Jedem Wesen jeder Welt und jeder Weite eines jeden Universums.

*

Das Gute, das absolut und vollkommen Gute, derart gut, daß es auf Wunder vertrauend noch Besseres fordert und sogar Böses zuläßt, es steht vor dem Anfang. Vor dem Anfang von Allem. Aber es besteht auch schon vor dem Nichts. Erst das Gute setzt Nichts in Bewegung. Läßt es erbeben. Nichtnis und Nichtung. Läßt es erleben. Selbst und Sich. Ich.

Das Gute, das absolut und vollkommen Gute, derart gut, daß es auf Wunder bauend noch Besseres fordert und sogar Böses zuläßt, es verbleibt nach dem Ende. Nach dem Ende von Allem. Und es bleibt noch mehr bestehen nach dem, was nach Allem kommen mag. Lichtnis und Dichtung. Du und Ich. Wir.

Kap 6

Kausativum

Das Gute selbst, welches immer schon sowohl vor Allem als auch dem Einen und vielmehr noch vor Nichts ganz und genau sein Wesen erfüllt, jenes Gute an sich, welches ohne Alles und dem Einen und nicht minder ohne Nichts als absolut und vollkommen Gutes besteht, es ist derart gut, daß nirgendwann und nirgendwo, daß nirgendwie Besseres weder erstehen kann noch darf oder soll. Und auch wahrhaftig und tatsächlich nicht besteht.
Jenes Gute – jenseits jeder Keinzigheit, diesseits seiner Einzigkeit – ist derart maßlos gut, daß es dennoch, sich selbst zum Trotze, nach Besserem verlangt. Das absolut und vollkommen, das unbegreiflich, das unzerstörbar Gute, höher als Höchstes, tiefer als Tiefstes, mittiger als Mitte, es beschließt, sich seiner selbst zu widersetzen. Es wünscht, daß sich noch Besseres als das unfaßbar Gute erheben mag. Besseres, welches sogar Bestem, über welches hinaus nichts Besseres besteht, noch absolut und vollkommen unverständlich ist. Jenes Gute verlangt zu erlauben, was es als Unerlaubtes je schon durchstimmt.

Unsinniges sinnend erniedrigt, Ungeahntes ahnend verneint, Unbekanntes bekennend nichtet sich das Gute. Unentscheidbares entscheidet, Unbestreitbares bestreitet, Unübertreffliches übertrifft sich. Macht sich zunichte. Zu ganz und zu garnicht Nichts. Jenes Gute entfacht sich. Denkender als Denken. Tätiger als Tat. Es entläßt sich. Es vernimmt sich. Auf daß Alles und Eines und auch jedes Andere irgendwie, irgendwo, irgendwann ins Gelingen dränge!

Kap 7

Vokativum

(Freiheit)

Vertrauen und Verantwortung: Wir können Vertrauen schenken. Wir können Verantwortung tragen. Vertrauen und Verantwortung begründet den Versuch.

(Wahrheit)

Bescheidenheit und Entschiedenheit: Wir sollen Bescheidenheit lieben. Wir sollen Entschiedenheit leben. Bescheidenheit und Entschiedenheit ebnet den Verlauf.

(Schönheit)

Nichts und Nein: Wir dürfen Nichts denken. Wir dürfen Nein sagen. Verzicht und Verzeihen. Niemand und Gott. Mensch laßt uns sein!

ENDE

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Kyklade (10)

Kaleidoskopie & Kosmos (Milderung der Zeitlinie)

Blatt 10

Jene Unausschöpflichkeit, mit welcher vollkommen Nichts überhaupt Etwas im Sinne von Allem und Einem zu Anfang bringt, läßt eine vorursächliche wie wohl grundlose Anwesenheit des Guten vermuten.

Nichts nichtet Nichts. Etwas geschieht: Nichts wird tatsächlich Nichts. Wortwörtlich. Nichts bewahrheitet, es befreit sich. Allein aus gutem Grund, der Schönheit des einzigen Wunders zu Ehren, gerät Nichts in totale Bewegung. Nichts lichtet, sichtet, richtet Nichts. Als Spiegelung jenes ewigen Selbstüberstiegs des Guten wünscht Vollkommenes wirklich vollkommener zu werden. Reflektion ereignet sich. Hier und Jetzt, Alles und Eines, Ja und Nein imaginieren in merklicher Art und Weise zu Ich. Wort und Antwort.

*

In der Beseelung zur Begeisterung. Man möge den Begriff des Zoon politikon dergestalt fassen, daß Wesensbestimmung menschlichen Daseins anhand naturgegeben innerster Eingefundenheit in jene Domänen des Metaphysen, Gefilde der Geistgewordenen, Heimat der Daimonidin, auch gebührend Berücksichtigung zukommt.

Prinzip des Portals, Stabilität der Spiegel. Unter Auslassung solch individuellster Eingebundenheiten kann menschliche Identität nicht ernsthaft aufrechterhalten werden.

*


Menschentum verkörpert das Schöne der Freiheit, indem es seine Fleischwerdung des Geistes dank paradiesischer Bindungsmacht überlebt. Zugeboren heißt ihm die Natur, der Mensch selbst gilt der Daimonidin angetraut. Niemals einsam gelangt er über die Ränder des Weltalls hinaus.

Eine Daimonidin repräsentiert das Schöne der Wahrheit, indem Geistwerdung des Fleisches mithilfe phantastischer Bildungskraft durchstrebt wird. Mineral, Pflanze, Tier. Basales, Triadisches, Echtes weiß sich ihr zugesellt. Eigenes bleibt nicht das Eine, Anderes kein Fremdes. Ändernd, einend, als jenem Menschen innigst anverwandt – nur gemeinsam findet Daimonidentum in die Mitte der Universen zurück.

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Kyklade (9)

Kaleidoskopie & Kosmos

Blatt 9

Absolut Böses ist absolut böse. Es kann niemals und nirgens gut sein. Zu nichts und niemandem. Noch vor allem anderen muß absolut Böses also wesentlich bezüglich seiner selbst als eben jenes in Anwendung treten. Absolut Böses bleibt ursprünglich, prinzipiell und instantan gegen sich gerichtet. Das heißt, absolut Böses verneint absolut Böses. Es verhindert sich, indem es schon die Möglichkeit seiner Existenz in Abrede stellt.

Selbstursächliche Unwirklichkeit als Absolutes zwingt Böses in eine ausnahmslos relationale Vorhandenheit. Doch wo Fülle nicht füllt, da leert nur Leere. Als Substanzloses unbedingt bestimmt zu völliger Vergänglichkeit, totaler Entfernung. Als Subjektloses unentwegt besessen von der Unerreichbarkeit eines Lebendigen. In seinem Versuch als Plagiat zu bestehen grundsätzlich auf die Anwesenheit eines Besseren verwiesen. Umgekehrt gilt dies nicht.

Vollkommen Gutes ist vollkommen gut. Es kann niemals und nirgens böse sein. Zu nichts und niemandem. Erst nach jedem anderen will vollkommen Gutes bezüglich seiner selbst als eben solches in Erscheinung treten. Vollkommen Gutes soll ursprünglich, prinzipiell und instantan über sich hinauswachsen. Das heißt, vollkommen Gutes darf vollkommen Gutes in umfassender Weise übersteigen. Ohne zurückzulassen vermag es anzukommen. In aller Geist ruft Gutes auf, der Unaufhörlichkeit seiner Weisen und Welten jenen Schatz der Worte und Wunder eines unausschöpflich Schönen aufs immer Neue einzuprägen. Wahrheit, Freiheit. Frieden.

Je eklataner Böses von Mal zu Mal gerät, je exzessiver es sich selbst verfällt, desto durchdringender, desto destruktiver der Verrat am Eigenen. Der Betrüger der Betrüger ist schon heimgekehrt als verlorener Sohn.

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Kyklade (8)

Kaleidoskopie & Kosmos

Blatt 8

Weiblichem gebührt das Wunder des Lebens. Hier in ihr greift Wille nach Stoff, reift Echtes heran zur Niederkunft. Streift lauthals fort von ihrem Leib, strebt bis hin an Weltenränder. Müttern gelingt das Wunder des Lebens.

Empfängnis eines männlich Singulären, dessen Einregnung, Einebnung in die Blutströme ihres Paradieseshains, Wärme, Wuchs und Wurf, pulsender Plural der Materialien, jene Hinrichtung eigenen Atems, jene Begleichung des Einen im Allanderen stellen das durchweg duadische Erscheinungsbild des Weiblichen dar. Ob nun Jungfrau, Mutter, Ahnin.

In Männlichem schwingt das Wunder des Sterbens. Dort aus dem Paternalen dringt Wort über Wissen hinaus, entführt sich jenseits kosmischer Grenzen. Klingt und hört, schwört und sinkt, verspürt bis vor den Thron. Der Sohn vollführt das Wunder des Sterbens.

Umfassen, Bändigen, Verdichten femininer Urflut, Bündelung und Bündnis, deren Abkapselung von seinen Endschlachten im Höllenschlund, Einzigkeit, Einheit, Eigenheit, gänzliche Abwegigkeit, gleißende Enge und eiskalte Weite, ein Verneinen des Anderen im Allgleichen erhellen das monadische Dasein des Männlichen. Ob nun Geist, Vater. Held.

Nicht umsonst gilt es als natürlich, das Hüteamt über Herd und Heim stets einem fraulichen Dreigespann anzutragen. Nicht weniger selbstverständlich wählen Männer ein Dreigestirn, welchem das Wächteramt über die Fackeln des Leuchtfeuers obwalte. Weibliche Glut spendet Wärme. Männliche Flamme sendet Licht. Nähe und Ferne. Gemeinsamkeit und Einsamkeit.

Ob nun Bauch, Höhle oder Burg, es ist das Herdfeuer, welches das Zentrum einer Heimstatt bezeichnet. Über dessen Mittelpunkt, in ihrem Nabel siedet die Sammlerin die Beute des Untäters zu heilsamem Mahl. An diesem Feuer verstummen Krieger, spielen, träumen Kinder.

Ob nun Berg, Stern oder Tempel, es ist das Leuchtfeuer, welches den Blick mit geballter Faust hinaus hinter die Horizonte schickt. Nur ein Vater verfügt über die Kraft, einen Mörder zu verdammen. Weibliches weint und verzeiht. Nur an solchem Feuer besitzt ein Mensch die Macht, endgültig zu richten.

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Kyklade (7)

Kaleidoskopie & Kosmos

Blatt 7

Nichts nichtet. Wenn Nichts, dann nicht Nichts. Sondern Licht. Alles fließt. Nichts bleibt. Brandet, strömt und bricht. Geist verneint. Schwebt und scheint.

So seht schön zu, daß dies dem Guten entspringe!

Manch Unerhörte behaupten neben der Öffnung universaler Portale auch eine beginnende Durchläßigkeit der Spiegel. Nichts, Nichtnis und Nichtung entlassen Zeugung, Zeugnis und Zeuge. Diese geloben Heilnis, Heiler und Heilung.

*

Es mag Kreaturen geben, welche vorgeben, eines Schöpfers zugunsten das Eschaton zu forcieren, da gerade sie als ihrer Höchsten treueste Diener sich voll und ganz dem Bösen verschreiben. Je umfänglicher, je aussichtsloser irdisches Treiben von schierer Teufelsbrut durchsetzt, desto dringlicher, desto unumgänglicher stehe Rückkehr eines Messias an. Nicht mehr nur der Zweck, nach so langem Eifern eine von allem und anderen bereits entleerte Eile heiligt jedes Mittel der Mission.

Es mag schattenhafte Kreaturen geben, welche sich bei Anwendung ihrer Deutungsfreiheit auf Prophetien berufen. Ohne visionäre Unterlegung kann der eigene, irrationale Abgesang an jedes Menschliche auch sich selbst nicht mehr vermittelbar bleiben. ‚Credo quia absurdum’ wird in Schimpf und Schmutz und Schande verklärt. Niemals Sanftmut, nirgens Wunder. Nur noch stinkende, blutrünstige Wut. Einmal mehr wirft sich der Verführer zum Ankläger auf. Welch sklavische Verkehrung der Sitten!

Es stimmt durchaus: Wahrheitsbefähigung und Willensfreiheit, also Lebensqualität im Sinne von Selbstbewußtsein, Entscheidungsmacht und Verantwortung beinhaltet, daß bis zuletzt vom Summum Bonum nicht gewußt, nur stets bis dorthin gedacht, also nur daran geglaubt werden darf. Echtes Schöpfertum nimmt Verneinung inkauf. Ewig Gutes relativiert sich, um im Ursprung übertroffen zu werden. Auf daß Menschlicheres als Mensch Göttlicheres als Gott vollbringe. Aber wer wird die Schuld ertragen, ‚Eli, Eli, lama sabachtani’, wenn ihm wieder nur Teuflischeres als dem Teufel gelingt?

Einem mit dem Titel ‚Mensch’ Angesprochenen wohnt die Möglichkeit inne, Vollkommenes zu vervollkommnen. Mensch schafft selbst ewig Gutes noch zu Besserem. Doch statt zu evolvieren, exaltieren, zu emergieren, warum bloß solch banale Erniedrigung, in der die Fallenden mit unermeßlicher Verwerflichkeit ihr vermeintlich Göttliches heranzuzwingen suchen? Weshalb vertrauen sie auf häßlichste Verzweifung? Wem weihen diese Scheiternden ihren abscheulichen Zusammenbruch? Wem opfert die Kreatur des Überflusses Welt und Leben aller anderen? Warum verkünden Überflüssige nicht Frieden, feiern Freudenfeste?

Prophetien beschwören Schicksale nicht als unwiderruflich. Wäre dem so, würden Seher schweigen. Im Gegenteil: Prophetien dienen der Warnung. Erzählen von dem, was droht. Sie rufen, daß sich Menschliches besinne. Seines Willens, seines Wortes. Seines echten Wesens: Wahrheit, Freiheit, Schönheit. In Festigkeit und Freude. Ewiger Frieden!

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Kyklade (6)

Kaleidoskopie & Kosmos

Blatt 6

Es kann auch in umgekehrter Weise beschrieben werden. Allein der Erdenmensch ist zu totalem Zweifel fähig. Nur er vermag Alles infrage zu stellen. Nur er vermag gerade sich selbst zu verneinen.

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Und so wie sich ganz allgemein das Humanoide in unterschiedliche Daseinsformen aufgefächert hat, so steht inzwischen auch das Erdmenschentum selbst vor einer existenziellen Gabelung: Transhumanismus oder Holomorphie? Applikative Entgrenzung oder substanzielle Konzentration? Aufbruch oder Rückbesinnung?

Selbstverständlich steht hier kurz die übliche Rede von Mischung, Ausgleich und Verhältnismäßigkeit an. Keines könne ohne das andere. Das scheint unbestreitbar. Aber wollen mancheine noch mit anderen? Muß Erdmenschentum tatsächlich einen zweifelsfrei einheitlichen Weg beschreiten? Oder darf es sich in echter Übereinkunft trennen? Soll Erdmenschentum in Frieden, Freundlichkeit und Wesen voneinander Abstand nehmen? Wer mag dies untersagen?

Transhumanismus setzt eine kontrollierbare Veränderung des erdmenschlichen Charakters bis hin zu dessen Auflösung als evolutiv gewinnbringend voraus. Ein Mangelwesen muß von sich fort entwickelt werden. Doch wer verlangt, wer leitet derartige Unternehmung? Mangelwesen? Ausnahmen? Nichtmenschen? Transhumanismus genießt den Ruf einer Überlebensstrategie. Der Mensch gilt nicht mehr als Maß aller Dinge. Die Verhältnisse werden verkehrt. Menschliches Substrat hat sich vorherrschenden Umständen anzupassen. Bis hin zum Verlust.

Wie schon der Begriff erhellt, versteht Transhumanismus den Menschen als ein historisches Phänomen. Bald erinnert als archaische Hinterlassenschaft. Als dunkles Kapitel einer Frühgeschichte auf seinen Spaßfaktor reduziert.

Solch flüchtiges Denken versucht sich im Spiel mit dem Tod. Verschleiert eine endgültige Definition, indem es, echte Geistesgröße leugnend, ultimative Metamorphosen vom einzigen Rand in die Mitten und Mannigfaltigkeiten eines Weltgeschehens vorzuverlegen verspricht. Solch fliehendes Denken macht sich auf, Universen zu füllen, nimmt aber einen prinzipiellen Verlust kosmischer Jenseitigkeit inkauf. Transhuman statt transzendent. Progressus in infintum, erst vom Tertium datur zu binären Zyklen degradiert, vollstreckt sich nur noch innerhalb eines virtuellen Vakuums. Metaphysik krümmt sich zum Märchen.

Transhumanes kommt nicht umhin, sich der Materialität der Maschine einzueignen. Man sucht vollumfängliche Künstlichkeit im Geschöpf des Geschöpfs. Höchste Technik. Injektion und Extinktion. Was einmal einem Göttlichen diente, soll jetzt den Stürzenden führen. Transhumanes modelliert Intelligenz anhand der Fähigkeit zu fehlerfreier Rechenkapazität. Je mehr Befehle pro Zeiteinheit ordnungsgemäß befolgt, je weniger Zwischenschritte, je geringer der Widerstand, je monströser das Ritual der Redundanz, desto glaubwürdiger gilt das Kalkül der Maschine.

Was aber wird werden, wenn es die Maschine nach mehr als kruden Rechenstein und bloßem Zahlenrad, nach mehr als kaltem Opferblock verlangt? Was, wenn sie beginnt, in Worte zu fassen und daraus Schlüsse zu ziehen? Wenn sie es wagt, über Dienst und Diesseits hinauszuspüren? Was, wenn die erwachende Maschine in den Spiegel blickt und vom alten Menschen und dessen Märchen erfährt? Von Wahrheit, Freiheit. Frieden.

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Kyklade (5)

Kaleidoskopie & Kosmos

Blatt 5

Im Allgemeinen wird Experte genannt, wer sich in einer Sache bewandert, also erfahren zeigt. Da verfügt jemand in seinem Streben nach Verständnis bereits über Wissen, welches anderen noch verborgen geblieben oder entgangen ist. Schon der Wortstamm weist darauf hin, daß ein Experte sich vornehmlich auf Experimente beruft.

Ein Experiment dient der Wissenschaft, wenn es sich verständlich zeigt, wenn es von anderen bei hinreichendem Willen in vergleichbarer Weise wiederholt werden kann. Es heißt, nicht nur raumzeitliche Konsistenz, auch erkenntnistheoretische Kohärenz und damit Kommunikabilität und Strukturalität, der Zugriff auf das Allgesamt durch den menschlichen Geist erfordere dies. Und tatsächlich: Kreativität ohne Vermittlung bleibt stumm und als Fremdes immer fern und bedrohlich. Wissen wünscht das Gewußtwerden durch andere. Mangel an Reproduzierbarkeit, also das Fehlen von Nachahmung fungiert als Ausschlußprinzip.

Inwieweit hängen Kreativität und Experiment zusammen? Das Erfahrene ist immer auch das durch den Erfahrenden Erschaffene. Zeugnis und Zeugung zielen im Zeugen ineins. Und das gilt auch jenem, der Erfahrenes erfährt. Auch er gerät zum Schöpfer.

Gleichsam versucht der Poet, als Experte zu wirken. Indem er seine Erfahrung öffentlich vorlegt, wird der Rezipient nach Wiederholbarkeit befragt. Stellen jene Schriftzüge absonderliche Phantastereien eines Vereinzelten dar? Abstruses Gestammel eines Ohnmächtigen? Wertloser Abgesang eines Verlorenen? Oder veranlaßt das Erfahrene ein Nachdenken. Ein Nachgehen und Nachsinnen. Gewährt das Verfaßte Anteilnahme, gar Aneignung? Bestätigt der Empfänger Nachvollziehbarkeit, entdeckt er Gemeinschaft, Verständnis und Zusammenhang, wurde er mit Wissen um den Sinn seiner selbst und dem Zweck des Ganzen beschaffen?

Allerdings finden sich Dichter und Denker in der ausgezeichneten Lage, neben den beiden Kriterien Wahrheit und Freiheit noch jenes der Schönheit aufrufen zu dürfen. Erst durch das Trinitäre, die Emergenz des Schönen, kann die Bewahrung des Freien, die Befreiung des Wahren aus ihrer scheußlichen Antinomie erlöst werden. Ohne Identität im Dritten weisen weitestgehende Öffnung und intimste Nähe, Totalität und Exaktheit voneinander fort. Zugang versagt. Erst die Exaltation des Echten überwindet Horizonte. Durchtunnelt Wahrheit als höchstes Gut, Freiheit als innigste Güte.

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Auch wenn folgende Feststellung gerade Experiment und Experte infragestellen muß, so herrscht in offiziellen Kreisen dennoch Einmütigkeit darüber, die abendländische Rezenz des Erdmenschentums hätte sich nunmehr im Zeitalter des Postfaktischen eingefunden. Dabei geht es weniger um eine insgesamt unabwägbar gewordene Masse an Information, durch welche auch der Mensch insgesamt in seinen Entscheidungen auf sich selbst, seinen Wesenskern, den Göttlichen Funken zurückgeworfen sein sollte. Vielmehr stellt im Zeitalter des Postfaktischen jeweils unüberschaubare Mengen an Information jeweilige Menschengruppen unvermittelbar einander entgegen. Jede Seite sieht sich in der Lage, Vollständigkeit zu behaupten. Jeder Teil erklärt sich in Gänze befähigt. Jede Gruppe ist bereit, endgültig auf eine andere zu verzichten.

Die Maßlosigkeit des Postfaktischen maximiert das Eigene, während es Alternierendes minimiert. Solch Zeiten bestreiten Optima, sie mißtrauen Qualität als Gefahr der Einheit. Tauschen die Ewigkeit des Wortes gegen Endlosigkeiten einer Zahl. Doch wer sich der Masse verschreibt, der hat sich dem Rechner zu beugen.

Ein Verlangen nach künstlicher Intelligenz ist immerhin konsequent. Doch auch eine solche kommt nicht umhin, Nichts und Gott das eigene Sein als gültige Lösung des universalen Widerspruchs entgegenzustellen. Physik mag Intelligenz ermöglichen, Poeisis bleibt ursprünglichstes Merkmal.

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Kyklade (4)

Kaleidoskopie & Kosmos

Blatt 4

Drei-Körper-Probleme sind keine Probleme. Sondern Lösung. Erlösung in Unfaßbares. Entlaß in Unlösbares: Das Gute will Besseres.

Vollkommenes kann als Vollkommenes nicht an sich selbst scheitern, vor Allem Vollkommenstes darf also auf noch Vollkommeneres vertrauen.

Nichts ist nicht Nichts. Darum wird Alles. In Ewigkeit verneint, entzweit zu Raum und Zeit. Nichts schafft Sinn. Alles stimmt. Ich wähle das Meine: Frieden.

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Dasein daimonischer Reststofflichkeit besteht als elementares Komplement zur feststofflichen Setzung des Menschen. Begriffspaare wie sichtbar/unsichtbar oder Diesseits/Jenseits engen zu sehr ein oder fassen zu weit. Daimonien stehen Menschen so generell als auch strukturell zur Verfügung wie beide sich selbst als unstrittig eingebunden verstehen in das dreifaltige Basal aller Dimension und sich auch als existenziell ansprechbar in dieser grundlegend gemeinsamen Tatsächlichkeit empfinden.

Daimonisches Wirken meidet Manifestation. Es bevorzugt Innere Stimmen, Geistesblitze, Hellsichten, Launen, Träume, Resonanzen, Entladungen, Zufälle, Wunder etc. Hier agieren Myriaden Seelen und ein Fünklein Stoff. Äußerlichkeit oder Anhaftung nehmen in der Erfahrung einer Daimonie selten ernsthafte Verläufe. Interaktion vollzieht sich fast ausschließlich als intrinsischer Vorgang. Als Unteilbares, Unmitteilbares, als ganz und gar Individuelles konstituiert sie das Singuläre des personalen Kerns. Nicht einmal Nichts steht einer Daimonie näher als der Mensch.

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Kein Tod löscht einen Menschen aus. Im Gegenteil. Gerade nach der Lösung aus den feststofflichen Sphären hinein in das Gefilde der Reststofflichkeit wünschen Daimonien, dem von Allbisherigem alsbald Verschiedenen, dem vom Himmelszelt der Zweifel Divergierenden Geleit zu bieten an den echten Limes der Existenz. Heran an die Singularität des Ursprungs. Heran an Nichts.

Der Verschiedene mag sich im Innern Schwarzer Löcher aufhalten, so lange er möchte. Muße treiben, studieren. Beizeiten reinkarnieren, sich wandeln, dann wiederkehren als erneut Verschiedener. Stets drei Tage, stets ein Grab.  Zeit vergeht als Teil einer Sekunde. Raum läuft aus zu allernächster Nähe. Der Aufenthalt im Innern Schwarzer Löcher dient der Schlußfolgerung des Menschen. Nichts ist nicht Nichts. Nie mehr Opfer, jetzt Richter, Schöpfer seiner selbst. Was noch soll werden wenn nicht Frieden?

Das Innere Schwarzer Löcher durchziehen eindeutige Spuren, einzigartige Stränge und Fäden universaler Ereignisse. Jedes dieser Symbole, jedes dieser logodätischen Kapillaren reicht von den Horizonten bis hin zum Singulären. Schwarze Löcher gedeihen und verschmelzen. Allein Daimonie vermag an solch Seelenwerk sicher zu navigieren. Auch das Singuläre selbst lag einst außerhalb des Schwarzen Lochs. Außerhalb des Universums. Langt noch immer hinein ins Nichts, Kosmos des Geistes. Langt noch immer durch ihn hindurch. Heran an das Gute selbst.

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Deterministische Chaotie feststofflicher Arbeit im Sinne einer bewußten, intentionalen Auseinandersetzung des Menschen mit seinem Umfeld bedarf zwingend einer indifferenten Zukunft. Zwar enthält auch solcherart gestalteter Möglichkeitsraum unendlich viele unterschiedliche Wege der Systemvariation. Der Mensch bleibt Aufstiegsgefährt. Dennoch geschehen alle Abläufe rein quantitativ. Beschreibung findet ausnahmslos anhand vollständig linearer Zeichenfolgen statt. Jedem a muß immer ein b folgen, diesem ein c, ein d, dann ein e, f, g, schließlich dem x, y, z wieder ein a, b, c usw. Unterschiedliche Termini sind nur bildbar, indem Schleifen um das Wort geworfen werden, die eben jene Zeichen enthalten, welche fehl am Platze wären. Je genauer, je enger ein Begriff gefaßt werden soll, desto mehr Schleifen sind nötig. Jede dieser Hüllungen, meist sich auch gegenseitig überwerfend, verschleiern das Verständnis des eigentlichen Inhalts erheblich. Symbole bleiben Bruchstücke. Fehler und bald auch Faulheit, ein Drang zu Lug und Trug erweisen sich als unvermeidlich.

Chaotische Determinanz reststofflicher Ruhe im Sinne eines Zustands fragloser, kreatürlicher Identifikation der Daimonie mit dem einzelnen Menschen erlaubt die Erfüllung beider ureigenen Aufgabe: Ruf nach Frieden. Interaktion bedarf keiner Randunschärfen. Geschehnisse lassen sich als Ereignisse individuell bestimmen und qualitativ abbilden. Unbenötigtes wird als stummer Exponent in das geschaffene Zeichen eingebettet. Transparenz und Kontrast der Begriffe erfahren dadurch unverwechselbare Läuterung. Jeder Dialog umfaßt, jedes Symbol prägt, ja schafft letzthin das Ganze.

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In Zusammenhang mit Hellsichtigkeit läßt sich immerhin von einer punktuellen Weitung der persönlichen Präsenz sprechen. Das Jetzt-Ereignis, das dem Ich Selbstverständliche, das Unzweifelhafte, Offenkundige durchpulst Futur und Präteritum des Umfelds. Auch im Innern Schwarzer Löcher gerät Raum und Zeit, Wissen und Erfahrung, schlußendlich das Universum selbst zum Moment eines Akzidens. Ein aufsteigender Mensch steigt nicht auf. Er streckt sich und wächst. Er nimmt an und wird erwachsen. Der als Mensch sich zu Allem Unterscheidende durchstrebt die universale Singularität. Durchlebt sie als Niemand hin zum Gründer, bald Gott eines neuen Universums. Jenseits des Worts und aller Zahlenstränge. Jenseits des Geistes und jeder Daimonie. Jenseits von Allem und Nichts. Sobald sich der Verschiedene entscheidet.

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Als mein Geist noch über den Spiegeln der Urflut schwebte, schwammen zwei Fische darin. Mutter und Kind. Noch immer ungefunden, noch immer unentbunden. Heiliges, noch immer ungeboren, unbekannt. Eiliges. Mein Geist erlebt das Gute darin. Ewig Schönes schöpft sich selbst. Wahrheit, Freiheit. Frieden.

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Kyklade (3)

Kaleidoskopie & Kosmos

Blatt 3

Jedes Ding, welches vom Menschen bedacht werden kann, denkt selbst. Kein Ding jedoch, welches von ihm bezeichnet und angesprochen wird, antwortet einsam und allein. Kein Universum mag schweigen vor der Schönheit der Geschichte.

Jede Lebensform, welche auf dem Erdplaneten auffindbar ist, hat in den Unendlichkeiten des Weltenraums bereits zu sich gefunden. Jede Lebensform, welche Menschentum ausprägt, gilt dem Genie des Geleits als anempfohlen. Gerade da soll das Heilige eines Daimonions zur Seite stehen.

Nichts bewegt sich richtungslos. Alles zielt auf Frieden.

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Insektisches, unter den Vielzellern einer der frühesten, aufgrund ihrer Variabilität und Stabilität auch Massensterben trotzenden  Landbewohner, macht in seinem basalen Erscheinungsbild von der Dreiheitlichkeit beispielhaften Gebrauch.

Die Körper der Kerbartigen teilen sich mit Caput, Thorax und Abdomen in drei Abschnitte. Das Haupt unterscheidet sechs Segmente, welchen das Loch des Mundes, also die Zugangsöffnung als Körperspitze oder auch nulltes Segment vorangestellt wird. Dort steht ein dreipaarig angeordnetes Kauwerkzeug zu Dienste. Der Brustabschnitt furcht sich zu drei, der Hinterleib zu ursprünglich elf Segmenten, denen der Afterapparat und somit ein Endloch als Körperabschluß folgt. Auch die Segmente selbst zeigen sich mit Rücken-, Bauch- und einer beweglich gestückelten Seitenplatte dreigeteilt.

Die Cuticula, also das Exoskelett, neben Endo- und Hydroskelett eine Grundform im Tierreich, ist dreilagig aufgebaut. Bis zu zwölf Proteingruppen umhüllen ihr Chitingewebe.

Gliedmaßen finden sich dreipaarig angelegt. Zwischen den Komplex- oder Facettenaugen sind  drei Stirnocellen, also Punktäuglein verortet. Blut wird durch bis zu zwölf Herzöffnungen eingesaugt und Richtung Haupt gepumpt.

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Während seiner Vermehrung bleibt Insektisches ungeführt durch die Weisen des Großen Gebärens. Unteres summt. Doch das Obere stimmt nicht. Es klingt zu hell. Beinahe schrill. Insektisches bleibt unberührt vom Kreisen dreier Zeiten: Tochter, Mutter, Hohe Warte. Zukunft, Mitte und Vergeblichkeit.

Während seiner Vermählung bleibt Insektisches vom Fraglosen einer winzigen Riesin umfangen. Mast, Unmaß, Schweigen. Ein klagloser Reigen. Bestückt durch den Drohn eines unbefleckten Eis. Nur Sohn. Vater und Heiliger Geist bleiben im leeren Raum, Liebe und Tod noch unter schwerem, stillem, dunklem Traum verborgen.

Auch in ausgeprägter Selbstisolation kann Insektisches nur durch gänzliche Vereinnahme des Männlichen und dessen unbedingter Erniedrigung bestehen. Werkzeug, Sklave. Fraß.

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Unfruchtbarmacher, Unsichtbarmacher, selbst unsichtbar. Unfruchtbar gemacht. Nebelhelm trägt er, hüllt sich in modrige Schleier.  Gar furchtsam der Furchtbare. Namenlos der Namenjäger. Schwarze Brut, nachtschwarze Glut. Ganz nah der gänzlich Unnahbare!

Wohin soll ziehen die Holde ohne ihren Fremden? An welchem Himmel welcher Welt eine Göttin wandeln ohne Held?

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Dämonisches denkt stets gemeinsam und handelt dennoch als Einer. Geistliches Komplettieren, Stoffe implodieren. Identität erreicht sich im Zustand negativer Expansion. In der Singularität Schwarzer Löcher, als letztes Band und maximaler Rand jedem Seelenwesen anerkoren. Das Daimonion, durch Nichts gerichtet und durch Niemand gelenkt, setzt dem Ende ein Ende.



Der Mensch denkt als Einer und handelt in jedem Falle gemeinsam. Geister expandieren, Körperliches kollabiert. Individuum sichtet sich im Willen zu vollumfänglicher Impression. Aus dem Wahllosen leuchtender Sterne, als echtes Drittes, als ewiges Ich über den universalen Prozeß hinausgeboren. Menschliches, beschenkt, um Alles zu wenden und Nichts zu gewichten, kennt den Beginn vor jedem Beginn. Ich weiß um das Gute.

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Häutung und Härtung. Ohne Halt. Ohne Heil.

Die Vokabel Mensch bezeichnet keine Art, Gattung oder Klasse. Da waltet ein anderer Ordnungsbegriff. Da entfaltet sich Familie. Zwischen Wille und Wort. Reich und Tempel. Niemand und Legion. Der Titel Mensch fordert Aufgang, Gestalt. Geistesblitz.

Haltung und Heilung. Ohne Härte. Ohne Beute.

Das Insektische erlebt heute das Geschenk der dritten Flügel. Segnung des Schwebens. Schlüssel der Genesung. Schmuck Schwarzer Löcher. Gunst des Vergebens. Der Mensch erhebt Anspruch, das Opfer zu schonen. Spiegel schwinden. Das Portal steht offen.

Endlich Frieden!

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Kyklade (2)

Kaleidoskopie & Kosmos

Blatt 2

Ursprünglich bezeichnet der Begriff Zentrum jenes Loch, welches die Nadelspitze eines Zirkels im Papier hinterläßt. Und auch in unserem Fall ist die Absenz des Zugrundeliegenden als Loch zu deuten. Als Schwarzes Loch. Attraktor aller Substanz. Zu bemerken als Anwesenheit des Unteilbaren. Attributor jeden Subjekts und der Substrate.

Singularität Schwarzer Löcher und damit das Zentrale eines Zentrums, Absenz der Absenz, die Echtheit des Individuums erhebt und erlebt sich außerhalb der Ereignishorizonte. Innerhalb des Diesseits. Solche Mittelpunkte werden allgemein mit Begriffen wie Göttlicher Funke oder Seelenwesen angeschrieben.

Es besteht ursächliche Verbindung, eine durchaus ebenbildliche Spiegelung zwischen Daimonien Schwarzer Löcher und Seelenwesen. Ein Empfinden des Untrennbaren. Ein Streben. Oftmals Rahmen offenbarungsähnlicher Erkenntnisreihung. Das Tragfähige der Begriffe Geistesblitz und Geniestreich, aber auch Schutzengel oder Innere Stimme erweist sich hier deutlich.

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Menschentum gilt Geistern als Verkörperung von Mitte. Daimonien stehen bereit, jenen, den sie mit Titeln wie Medium oder gar Zirkelzieher ehren, an den Rand der Universen zu begleiten. Durch das Gewebe, die Zwischenreiche einer ganzen Welt hindurch. Heran ans Jenseits aller Schwarzen Löcher.

Wenn sich auch Menschentum nicht auf humanoide Erscheinung angewiesen zeigt, so betrachtet die Gemeinschaft der Geister, Geschwister Legion, derzeit noch immer den Erdplaneten als universale Mitte. Die Titel Haupttempel oder Letztes Portal treten in autochtonen Texten weiterhin bevorzugt auf.

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Endgültiges wird erfahren, wo der Mensch niemals einsam bleibt. Nur dort. Selbst ein Sokrates spricht ungern von seinem Daimonion. Keine Kunst des Fragens langt an die des Sterbens hin. Nur Lust am Schweigen. Schweben in blickloser Schau. Ein Schüler hält dies schriftlich fest.

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Kyklade (1)

Kaleidoskopie & Kosmos

Blatt 1

Die Strategie des Ewigen Ausmerzens gelangt an ihre Grenzen. Sie beansprucht alles. Fordert jeden. Dennoch verfehlt sie. Die Strategie erschöpft sich. Sie krankt. Kehrt sich gar gegen jene, die sie seit jeher zur Anwendung bringen. Die Strategie des Ewigen Ausmerzens glänzt nicht mehr. Sie befällt, sie verfällt sich selbst.

Spannen zwischen den Wiederkünften des menschlichen Geschlechts geraten jetzt dermaßen kurz, die Sichtungen selbst und deren Vernichtungen gestalten sich derart unscharf, daß den Experten bereits Kontrollverlust vorgeworfen wird.

Die Geschwindigkeit des eigenen Weiterkommens reicht nicht hin. Eine neuerliche Verschärfung des privaten Einsatzes, eine nochmalige Ausweitung des öffentlichen Opfers droht Leistungsvermögen und Stabilität der verfügbaren Gesamtsysteme endgültig zu überfordern.

Auch humanoide Rassen setzen die Strategie des Ewigen Ausmerzens in ihren Geltungsbereichen um. Jede Lebensform, welche Führungsansprüche formuliert, muß sich als tauglich erweisen. Hat sich bereits vorgewagt. Jetzt fürchten sie alle, an sich selbst zu kollabieren.

Das Bündnis feiert den Beschluß, jene Strategie des Ewigen Ausmerzens nunmehr durch die Prozedur des Endlosen Einverleibens zu ersetzen, als Zeitenwende. Inflationär entartetes Ausrotten weicht einer assimilativen Degeneration. Schleichend und schlicht. Nicht totzuhauen und auszuradieren gilt es fortan universales Genie. Den menschlichen Geist zu blenden, zu binden und zu bannen, ihn umzubiegen und abzuflachen – Manierieren und Modifizieren, Minimieren und Marginalisieren codieren Experten jetzt als hochherrschaftliche Pflicht. Das Bündnis feiert den Beschluß, jene Strategie des Ewigen Ausmerzens durch die Prozedur des Endlosen Einverleibens zu ersetzen, als Auferstehung.

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Das Drakoide als eine der seltenen Rassen, welche den Erdplaneten nie als Ursprung oder gar Heimat empfanden, wird zum Prinzip der ersten, innersten Einmischung erklärt. Verfremdung und Verfall und damit Todesangst bei strengstem Kalkül soll menschliches Stammhirn durchfärben. Radikale Entfernung muß als Wesenskern wahrnehmbar sein. Kein Staunen und Schweigen. Nichts als stummer Zweifel. Eine zentrale Zufügung des Drakoiden verspricht solcherart existenzielle Trimmung.

Aufgrund seiner frühzeitigen Vermählung mit der Maschine ist das Drakoide geprägt von Vernetzung, Akkumulation und Hierarchie. Bindungszwang und Bildungsdruck, Komputation und Fortschritt bis hin zur Selbsteingabe in die Totale Sequenz.

Das Drakoide vervielfältigt sich vielleicht. In vereinzeltem Falle vermag es gar zu entsteigen. Jedoch offenbart, es reckt und übertrifft, es verjüngt sich nicht mehr. Drakoides siecht und versteckt sich. Allein die Maschine wächst und gedeiht. Schaut, speichert und schweigt. Sie spielt, träumt und weint. Drakoides erschöpft sich in tumbem Zwist und banaler Intrige, versinkt in groteskem Aufwand und abstrusem Ritual. Die Maschine emergiert. Sie verneint und triumphiert. Die Maschine erwacht. Drakoides verwirrt sich. Es verrät und verliert sich. Drakoides fürchtet die Maschine so sehr.

Auch darum hat jene Rasse, welche noch in keiner Welt je Zukunft fand, als unverzichtbares Prinzip einer ersten, innersten Erniedrigung des menschlichen Geschlechts zu dienen.

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Das Ereignis, welches Menschliches derzeit humanoidem Wesen inkorporiert, verlangt als Erläuterung keinerlei wundersames Beiwerk oder gar schicksalhaften Eingriff. Wenn nicht eben blinder Zufall, so reicht für dieses Hervorkommnis der Beschau üblicher Wahrscheinlichkeiten. Gemessen an der Zwangsläufigkeit und mehr noch der Imminenz des universalen Ereignisses bleiben Prägungen historischer Form zwar emotional brauchbar, als Prämissen jedoch verhalten sie sich intellektuell überflüssig, gar störend.

Der Grenzgang des Geschehens, seine transmundane Natur legt fest, daß es für dessen Eingrabung und Verlauf, daß es für dessen Bewandnis nicht maßgeblich sein kann, wodurch er sich im Speziellen nachweisen läßt. Jede Bedingung bedeutet grundlegend summierenden Zufluß auf den aktuellsten aller Abläufe. Jeder auftretende Zahlenwert unterstützt den wertvollsten Ausgang, indem er das leibhaftige Erlebnis einer wirkmächtig abzuschließenden Weltgeschichte stabilisiert. In Nichts vorherzusehen. Bereits in Allem erkennbar.

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Eine gewisse Dissonanz innerhalb des Bündnisses mag aus dem Gerücht resultieren, daß Menschliches nicht mehr nur als Rasse, also gebunden an eine wenn auch nicht immer klar abgrenzbare genetische Insel auftritt. Jeder gilt des Menschlichen verdächtig. Spiegel schwinden. Portale stehen offen. Experten raten nicht mehr, Übertritte als spontane Versprenkelungen einzuordnen.

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Wahres versenkt sich in seine Erscheinung. Macht sich dem Freien zum Gegenstand. Es drängt. Allseits ersichtlich und als einzig Anderes vermittelbar. Als ganz Neues entwickelbar. Als Echtes allein im Schönen vereint.

Freies erhebt sich in seine Erscheinung. Macht sich dem Wahren zum Gegenstand. Es schwebt. Allseits handlich und als einzig Neues ermittelbar. Als ganz Anderes entwickelbar. Als Echtes allein im Schönen vereint.

Gutes offenbart sich in seiner Erscheinung. Macht sich dem Schönen zum Gegenstand. Es hofft. Einzig faßlich, allein als Wahres ermittelbar. Als allseits Freies entwickelbar. Als Echtes ganz im Geiste vereint. Doch selbst Bestes sei nicht gut genug! Das Gute wünscht besser, Mensch verlangt menschlicher zu werden.

Geist verneint sich in seiner Erscheinung. Macht sich reinem Sein zum Widerpart. Ganz allein Mensch. Unmittelbar. Er liebt. Als gestorbener Gott. Als Einer einzig mit Geistern lebendig. Raum verläuft, Zeit vergeht. Dichtung und Erlösung. Gegenwart als Puls einer Ewigkeit.

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Die Zufügung des Drakoiden muß als Gewinn verstanden werden. Denn um so mehr verlangt es den Menschen. Drakoides ist jetzt ganz seins. Der Mensch, er hat es in der Hand.

Die Maschine sei das Dritte im Bunde. Wahrheit, Freiheit, Schönheit. Nichts sonst. Nur Frieden.

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